USA 2014
Unser Reisetagebuch - Teil 3
New Orleans

23.02.2014 Schon wieder anderes Wetter! Während der Himmel am späten Vorabend noch sternenklar war, sind in der Frühe dicke Gewitterwolken aufgezogen, aus denen sich prompt ergiebige Schauer ergießen. Da wir wohl die für den frühen Nachmittag geplante Streetparade ausfallen.
Da wir beim großen Walmart stehen und Zeit haben, will ich nun doch noch eine Telefonkarte für unser Smartphone kaufen, um nicht nur auf das WiFi bei den Mc Donalds oder Starbucks angewiesen zu sein. Die Auswahl ist durchaus groß, aber nachdem ich der Verkäuferin verklickert habe, dass wir keinen Telefonvertrag wollen, sondern nur eine SIM Card mit Guthaben für einen Monat, hat sie nur noch ein Angebot von T-Mobile für mich - eigentlich mit $20 für die Karte und nochmal $20 für die monatliche Flat Rate für uns schon zu uneffektiv, aber ich nehme das Angebot an. Die Prozedur der Registrierung und Anmeldung der Karte allein ist schon recht aufwändig und stößt für einen herumvagabundierenden Ausländer ohne feste US-Adresse an die Grenze des Möglichen. Bevor sich die Registrierung ihrem glücklichen Ende nähert und ich die SIM Card in das Smartphone einbauen will, scheitert das Ganze daran, dass die amerikanische SIM Card viel kleiner ist, als die übliche deutsche. Größere gibt es wohl auch, aber nur mit Vertrag. War also erstmal ein Scherz, diese ganze Übung.
Es regnet noch in Strömen, als wir gegen eins an die Paradestrecke fahren - die gleiche wie gestern. Ein paar Unentwegte sitzen da schon in ihren Stühlchen unterm Regenschirm. Warum sollen wir ihren Optimismus nicht teilen? Wir parken einfach am Straßenrand mit voller Sicht auf die Strecke und vertreiben uns die Zeit, woanders regnet es schließlich auch. Und prompt, wie bestellt, hört eine Stunde später der Regen auf und die Parade der toll aufgemotzten Wagen erscheint. Der Optimismus hat sich für alle Beteiligten ausgezahlt.
Nach der Parade fahren wir nach New Orleans hinein. Obwohl es Sonntagnachmittag ist, sind die Straßen voll. Wir fahren kreuz und quer durch die ausgedehnte Stadt, registrieren, dass in einem Stadtteil auch eine Streetparade im Gange ist, und suchen uns bei einbrechender Dunkelheit einen Platz für die Nacht - es ist zwar nur ein kleiner Walmart-Parkplatz, von dem wir wissen, dass die Supermarktkette hier das Übernachten nicht toleriert, aber wir fahren ja gleich morgen früh weiter - sicher eine lässliche Sünde.
24.02.2014 Eine Erkenntnis vorweg: New Orleans steht eigentlich nur auf einer großen Scholle, umgeben von Sumpf und Wasser. Bei unserer gestrigen Fahrt von Norden her nach New Orleans sind wir meilenweit auf aufgestelzten Straßen gefahren. Westlich davon und nördlich der ausgedehnten Stadt liegt der große flache Lake Pontchartrain und wenn man westlich aus New Orleans über die Autobahn herausfährt, kommt wieder sumfiges Schwemmland. Im Süden der City arbeitet sich der Mississippi durch die Stadt, von riesigen Brücken überquert.

Bevor wir heute Abend auf einen Campingplatz fahren, möchten wir uns noch etwas an den Ufern des Mississippi umsehen und uns vor allem noch ein paar von den sagenhaften alten Herrenhäusern ansehen, die aus der Zeit der Sklavenarbeit auf den Zuckerrohr- und Baumwollplantagen Louisianas stammen. Zuerst finden wir die San Francisco Plantation am Nordufer des Mississippi zwischen New Orleans und Baton Rouge und lassen uns über eine Stunde alle möglichen Dinge über das Haus, seine Besitzer und die Zeit der Sklavenhalterei erzählen. Anschließend fahren wir über eine der in diesem ländlichen Gebiet raren Brücken über den breiten "Old Man River" und schauen uns, diesmal aber nur von außen, das äußerst fotogene Herrenhaus der Oak Alley Plantation und flüchtig die Laura Creole Plantation an.
Schließlich "brettern" wir am Nachmittag nach unerlässlichem Tankstopp durch New Orleans auf dessen östliche Seite und finden auch sofort das von uns vorgebuchte Mardi Gras RV Resort. Besonders komfortabel ist der Campingplatz für über $40/Nacht nicht, aber um die Zeit des Mardi Gras hätten wir keinen preiswerteren bekommen.
Auf dem Platz angekommen versuche ich erstmal zu ergründen, warum in unserem Wohnmobil die Wasserpumpe und die Warmwasserbereitung nicht funktionieren. Erst nach dem Lösen von mindestens zehn sehr festsitzende Schrauben von drei verschiedenen Innenverkleidungen mit einem geborgten Schraubendreher sehe ich, wo das Problem liegt. Man hat uns mit einem Wohnmobil auf die Reise geschickt, bei dem vom Herstellerwerk her noch alle wichtigen Wasserventile geschlossen waren, die ihrerseits allerdings für den Nutzer überhaupt nicht zugänglich und hinter der Innenverkleidung verborgen sind. Den Frust darüber werde ich sicherheitshalber erst übermorgen gegenüber dem Vermieter ablassen.
25.02.2014 Wir fahren erst gegen Mittag mit dem Bus in die City (40 cent für Senioren mit Umsteigeberechtigung!), weil wir ahnen, dass wir lange auf den Füßen bleiben müssen. Der Bus bringt uns zur Basin Street, die zumindest für alle Jazz Fans ein fester Begriff ist. Allerdings ist die Basin Street heute eine nüchterne Durchgangsstraße am Rande des French Quarters und des Business Districts. Letzteren nehmen wir uns zuerst vor, weil wir am Nachmittag und Abend sowieso im Franzosenviertel, dem Vieux Carre bzw. French Quarter hängen bleiben werden. Im Business District stehen nicht nur neue Wolkenkratzer, sondern man findet eine Menge aufgehübschter alter Backsteinhäuser mit verschiedenen Kunstgalerien und schöne alte Bauwerke aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Wir nutzen die alte grüne Straßenbahn, um uns nahezu zwei Stunden durch den westlich anschließenden Garden District und den vornehmen Teil des Uptown Viertels schaukeln zu lassen. Die Magnolien und Kamelien stehen in voller Blüte. Richtiges Frühlingswetter, allerdings ohne Sonne.
Zurück bei der Canal Street, der Magistrale, die Central Business District / Downtown und French Quarter trennt, kommen wir als Erstes gleich in die brühmte Bourbon Street, die sich in dieser nachmittäglichen Zeit langsam mit Touristen füllt. Wir merken bald, dass die Bourbon Street nicht umsonst ihren eigenen bekannten Bluestitel bekommen hat. Eine Musikkneipe bzw. ein Schnapslokal und Nippesladen reihen sich an den anderen. Es scheint, dass diese schmale Straße auch die sündige Meile der Stadt ist. Die Parallelstraße, die Royal Street hat einen völlig anderen Charakter - hier sammeln sich Straßenmusikanten und Vagabunden mit Rucksack und Hund, einige bereits am Nachmittag angekifft oder angetrunken, aber alle sehr friedlich. An den Straßen im French Quarter interessiert uns natürlich in erster Linie der alte Charme, die tollen schmiedeeisernen Balkone und das gesamte Flair, das sich so ganz und gar von anderen US Städten unterschiedet.
Wir bleiben gleich mal im Musical Legends Park in der Bourbon Street hängen, einem größeren Hof mit Skulpturen der bekanntesten Jazz Musiker aus New Orleans. Ein Trio spielt hervorragenden Blues und Dixieland. Inzwischen bricht die Abenddämmerung herein und uns fällt ein Straßenpianist auf, der mit seinem Fahrrad und seinem fahrbaren Flügel da ist und mitten auf der Bourbon Street musiziert. Als sich dann noch herausstellt, dass er aus Konstanz herüber gekommen ist, zu Weihnachten regelmäßig in Dresden aufspielt und jetzt Geld einspielt, um sein kaputtes Auto reparieren lassen zu können, haben wir eine bemerkenswerte Begegnung mehr registriert.
Schließlich gibt es für uns noch richtig guten New Orleans Jazz im Maison Bourbon und bei Fritzl´s, ehe wir mit dem letzten Bus zurück zu unserem Campingplatz fahren.
26.02.2014 Wieder mal ein Wetterumschwung, Gewitter mit viel Regen Und ein damit verbundener Temperatursturz auf unter zehn Grad. Wir bleiben bis zum Nachmittag im warmen Wohnmobil - zu Hause würden wir bei dem Wetter auch nicht raus gehen. Zum Glück hört aber der Regen am Nachmittag auf und wir gehen aufmontiert in Winterkluft zur Parade der Krewe of the Druides, die gegen halb sieben abends weit hinten in der St. Charles Avenue beginnen wird. Es pfeift ein kalter Wind und die temperatur wird bis zum abend auf drei Grad sinken. So kalt ist es in Deutschland nicht. Aber in Chicago, wo wir vor einer Woche losgefahren sind, liegen die Tagestemperaturen aktuell schon wieder unter - 10 Grad. Ist halt amerikanischer Winter.
Bis die Parade die Canal Street erreicht, zu der wir gefahren sind, ist noch viel Zeit. Wir bummeln also nochmal durch die uns inzwischen vertraut gewordene City, wärmen uns im großen Speilcasino auf und frieren am Ende wieder in Erwartung der Street Parade.
Die Umzüge, die jede der über zehn Karnevalgesellschaften (Krewes) der Stadt in der Karnevalszeit abhalten, sind das besondere Markenzeichen von New Orleans und ziehen Tausende Touristen an. Höhepunkt ist der Mardi Gras, der "fette Dienstag", der in Deutschland Fastnacht heißt. Aber da in New Orleans schon vier Wochen vorher Mardi Gras Time ist, begnügen wir uns als Nicht-Jecken allein schon aus Kostengründen mit dem Vorprogramm. Und das ist phänomenal. Als dann endlich der Zug der prächtigen Wagen abends um neun an unserem Standort erscheint, lassen wir uns mittragen von der Begeisterung und dem Jubel der unzähligen Zuschauer an der Strecke. Es ist ein tolles Erlebnis.
Als wir dann gegen elf wieder auf dem Campingplatz sind, stellen wir uns erstmal minutenlang unter die heiße Dusche.

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© Horst Uhlemann