USA 2014
Unser Reisetagebuch - Teil 4
An der nördlichen Golfküste nach Osten

27.02.2014 Am Vormittag verlassen wir New Orleans mit einer Menge toller Eindrücke. Das Wetter ist freundlich - wolkenloser Himmel, aber sehr kühl, das Richtige zum Autofahren. Wir sind also weiter auf der Suche nach der Wärme, aber haben von nun an alle Zeit der Welt.
Auf dem Old Spanish Trail, der vor hundert Jahren vom Atlantik nach San Diego am Pazikik errichtet wurde und heute um New Orlans als teilweise mehrspuriger US-Highway 90 ausgebaut ist, fahren wir nach Osten - zunächst in Louisiana noch durch breites, flaches Schwemmland, ehe wir wieder über die Grenze des Bundesstaates Mississippi und dort bald an dessen Golfküste mit herrlich weißem Sandstrand kommen. Am Strand des kleinen, ruhigen Ferienortes Pass Christian holen wir erstmal die Stühlchen hervor, die wir uns irgendwo unterwegs mal für je $ 10 gekauft hatten, und setzen uns ein Weilchen im Windschatten des Wohnmobils in die Sonne. So bleich, wie wir den Winter über geworden sind, dürfen wir das ohne Sonnencreme natürlich nicht lange ausdehenen - die kaufen wir dann auch sogleich im nächsten Supermarkt. In Long Beach testen wir mal, was die Waffelhouses so drauf haben. Klar, Waffeln. Aber nicht nur das. Kann man durchaus essen, ist aber am Ende auch nur eine der vielen Fast Food Varianten, mit denen die Amerikaner groß und dick werden.
Unseren Nachmittagskaffee nehmen wir dann lieber wieder im Wohnmobil, das wir in Gulfport am Strand schön in die Sonne gestellt haben, fahren gegen Sonnenuntergang durch Biloxi - mit seinen vielen Spielcasinos eine Kleinausgabe von las Vegas - und beziehen bei einbrechender Dunkelheit ein Plätzchen für die Nacht auf dem großen Walmart Parkplatz von Ocean Springs. Für die kommende Nacht ist für die nördliche Golfküste leichter Frost angesagt.
28.02.2014
01.03.2014
Mississippi hat nur einen relativ kurzen Küstensaum zum Golf von Mexiko und wir haben gestern fast das Ende erreicht. Da wir es nicht mehr eilig haben und es heute noch etwas wärmer werden wird als gestern, fahren wir nur noch ein paar Meilen bis zum Shepard State Park. Das ist zwar nur ein recht unspektakuläres Waldstück ohne Strandanbindung, aber für uns nach den vielen Eindrücken der letzten Tage gerade richtig, eine ruhige opause einzulegen.
Das ist die Gelegenheit, mal unser gemietetes Wohnmobil näher vorzustellen. Es ist, wie schon gesagt, ein nagelneues Teil, gefertigt von der Thor Motor Coach Inc. auf einem Chassis der Ford Motor Company, Fertigungsdatum Januar 2014, Modell C25, Länge also 25 Fuss. Wir sind nach wie vor froh, dass wir das zweitkleinste der C-Reihe nach Orlando bringen dürfen und nicht etwa eines der großen Sorte, das uns keinerlei Zusatznutzen gebracht hätte. Nach über 2.000 km Fahrtstrecke können wir abschätzen, dass der durchsnittliche Benzinverbrauch bei 29 Liter/100km liegt - auch bei einem durchschnittlichen Benzinpreis von umgerechnet 0,62 €/Liter eine stattliche Größenordnung.
Das Wohnmobil mit Automatikgetriebe hat alles, was man sich so vorstellen kann: Kühl- und Gefrierschrank, Gasherd und -backofen, Dunstabzugshaube, Gasheizung, Heißwasserboiler auf Gas- und Strombasis, Dusche, WC, Radio, Fernseher, DVD-Player, Klimaanlage und Mikrowellenofen - die drei letztgenannten funktionieren nur, wenn man den eingebauten Stromgenerator betreibt oder externen Campingplatzstrom nimmt. Frischwassertank und beide Abwassertanks sind reichlich bemessen, so dass man ein paar Tage ohne Ver- und Entsorgung auskommt. Die Verarbeitungsqualität der Möbeleinbauten entspricht zwar nicht so ganz unseren deutschen Qualitäts- und Effektivitätsvorstellungen, aber das stört uns wenig, denn wir geben das Recreation Vehicle am Ende ja wieder ab.
02.03.2014 Heute verlassen wir Mississippi und fahren weiter zum noch viel kürzeren Küstenabschnitt von Alabama, der von der Mobile Bay dominiert wird. Wir sind bald in der großen einzigen Hafenstadt von Alabama, kurven etwas durch die Stadt und sehen die Innenstadt großräumig wegen einer anstehenden Mardi Gras Parade zugeparkt - keine Chance für uns, irgendwo unser Wohnmobil hinzustellen und zuzuschauen. Nach drei Paraden in und um New Orleans hätte die von Mobile für uns ohnehin nichts gravierend Neues mehr. Vielmehr schauen wir bei der Weiterfahrt nach Osten beim musealen Schlachtschiff USS Alabama vorbei, das im 2. Weltkrieg wohl eine rühmliche Rolle gespielt haben muss. Die gewaltigen Dimensionen beeindrucken uns sehr - nochmehr allerdings, welche Anstrengungen Menschen entwickelt haben, sich gegenseitig umzubringen.
Die Nacht wollen wir noch in Alabama verbringen und bleiben am Nachmittag einfach auf dem Walmart-Parkplatz von Foley stehen. Wir kaufen einen 5-Liter Container südafrikanischen Wein, weil der erste leer ist, etwas Grillfleisch und ein paar Brötchen und machen es uns dann in unserem Motorhome gemütlich. Am späten Abend zählen wir noch vier weitere Camper mit ihren zumeist größeren RV´s auf dem großen Parkplatz.
03.03.2014 Montag. In der Nacht war Neumond. Das Wetter ändert sich wieder leicht auf die negative Seite - kühler und ein wenig regnerisch. Nach den gestrigen 24 Grad heute nur 14, aber kein Vergleich zu Chicago - dort schneit es bei -9 Grad. Also fahren wir weiter, bis es wärmer wird. Gulf Shores mit seinem Orange Beach ist offensichtlich die Badewanne Alabamas - hier reiht sich ein Hochhaus mit Ferienappartements an das andere, direkt am weißen Sandstrand. Auf einer schmalen Nehrung und über diverse Brücken erreichen wir in Perdido Florida, den achten US-amerikanischen Bundesstaat auf unserer Reise. Durch Pensacola, eine der ältesten Stadtgründungen am Golf, und über eine drei Meilen lange Brücke über die Pensacola Bay gelangen wir nach Gulf Breeze, von dort gleich weiter über eine Toll Bridge (Mautgebühr ein Dollar !) auf die lange, schmale Nehrung des Pensacola Beach. Am Beginn und am Ende dieser 15 Meilen langen einzigartigen Sanddüne hat der Bauboom Blüten getrieben, aber über viele Meilen zieht sich nur das schmale Asphaltband über die stellenweise nur hundert Meter breite Landzunge aus schneeweißem Quarzsand. Zum langen Verweilen am Strand bläst ein zu kräftiger kalter Wind, der aber seinerseits am Nachmittag die Wolken wegtreibt. In Navarre bleiben wir, auch wenn wir bis zur Dämmerung noch gut drei Stunden weiter fahren könnten, auf dem für die nächsten hundert Meilen letztmöglichen Walmart-Parkplatz stehen, weil angeblich die Campingplätze in den auf unserer Strecke folgenden State Parks ausgebucht sind.
04.03.2014 In sternklarer Nacht waren die Außentemperaturen auf Null gesunken, aber in der Frühe, wo wir gern Sonne hätten, ist der Himmel bedeckt. Gut, dass wir gestern noch den fast leeren Propangastank haben füllen lassen (30 Liter passten rein), so dass uns die Heizung während des Frühstücks dienstbar sein kann. Kein Strandwetter also zum "fetten Dienstag", sondern Fahrwetter.
Unser Weg über die US 98 East führt mal direkt am weißen Sandstrand entlang, mal durch geschlossene Waldgebiete. Wir kommen vorbei an der weltgrößten Luftwaffenbasis der Welt, der Eglin Air Foce Base, fahren durch bombastische Sommerbadeorte, die bis über Panama City hinaus reichen. Am Mexico Beach hingegen ist alles schon viel ruhiger und natürlicher, weiter nach Osten hin wird es nahezu menschenleer - allerdings gibt es hier auch kaum noch diese attraktiven Sandstrände. Der Apalachicola River, den wir auf einer der uns mittlerweile vertauten hohen Brücken überfahren, überqueren wir gleichzeitig die Zeitgrenze zwischen Central Time und American Eastern Time und rücken damit Deutschland wieder eine Stunde näher. In Apalachicola kaufen wir superfrische Garnelen und bleiben später bei Anbruch der Dämmerung auf dem ersten Walmart Parkplatz stehen, der uns nach 195 Meilen in die Quere kommt. Da stehen wir jedenfalls besser, als auf einem der vielen vollen RV Camps unterwegs, auf denen die Wohnmobile dicht an dicht standen. Und noch dazu vieoüberwacht.
05.03.2014
06.03.2014
Aschermittwoch. Das Wetter ist entsprechend. Der avisierte Regen hat uns erreicht. Also schleunigst weiter, von nun an nach Südwesten in wärmere Gefilde. Floridas kleine Hauptstadt Tallahassee lassen wir bei diesem Wetter einfach aus und fahren auf der US 98 weiter direkt nach Südwesten. Bei sommerlichem Wetter wären wir bis Jacksonville am Atlantik durchgefahren, aber dort würden wir aktuell auch nur im Regen stehen und noch dazu eine Menge Benzin verkutschen. Wir wollen also auf kurzem Weg in den Ocala National Forest, den wir nach vier Stunden strammer Fahrt durch eintönige dichte Waldgebiete am Nachmittag erreichen. In Florida gibt es wieder ALDI-Märkte und in Ocala erreichen wir den ersten davon, so dass wir dort neben ein paar Kleinigkeiten schnell noch etwas deutsche Marmelade nachtanken, die nicht so furchtbar süß ist, und uns dann auf einem preiswerten privaten RV Campground im Ocala National Forest (Google-Maps Koordinate 29.211724, -81.964848) niederlassen. Der Vorteil der privaten Camps: sie haben WiFi.
Am nächsten Tag regnet es sich richtig ein und der Camp wird noch mehr aufgeweicht. Ist halt Frühling im wasserreichen Florida. Da es ziemlich egal ist, wo wir im Regen nicht nach draußen gehen, bleiben wir einfach einen Tag länger. Zu Hause würden wir vielleicht ein Buch lesen, wenn wir die Ruhe dazu fänden. Hier haben wir die Ruhe und tun es.

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© Horst Uhlemann