USA 2014
Unser Reisetagebuch - Teil 2
On the Road again

19.02.2014 Wir sind nach 15 Jahren also mal wieder mit einem Wohnmobil auf den breiten US Highways unterwegs - on the road again.
Die frostige Kälte der Nacht haben wir im Wohnmobil gespürt, aber zum Glück konnten wir, wenn es zu kühl wurde, die Propanheizung anstellen. Wir haben relativ gut geschlafen, frühstücken in unserem fahrbaren Häuschen und gehen zum Zähneputzen in den Restroom vom Walmart. Gegen halb acht sind wir mit allem fertig und können bei herrlichem Sonnenschein unseren Weg auf der historischen Route 66 über die Autobahn I55 South in Richting St. Louis fortsetzen, das werden über 250 Meilen.
In Bloomington halten wir nochmal kurz beim ALDI, um Brötchen nachzufassen - wir ahnen, dass das wohl die einzigen für uns akzeptablen in den USA sein werden. Springfield, die Hauptstadt von Illinois umfahren wir dann schnöde und machen lieber eine ausgiebige Kaffeepause am Route 66 Rastplatz an der I55.

Die Landschaft ist flach, überwiegend landwirtschaftlich geprägt, kaum mal ein Wäldchen. Je weiter wir nach Südwesten kommen, um so dünner wird die Schneedecke und als wir nachmittags um vier den Bundesstaat Missouri erreichen und über den Mississippi nach St. Louis fahren, ist kein Schnee mehr zu sehen. Im nördlichen Stadtgebiet von St. Louis mündet der Missouri, der dem Bundesland zwischen St. Louis und Kansas City den Namen gegeben hat, in den Mississippi. Die Parkplatzsuche gestaltet sich mit dem Wohnmobil erwartet schwierig. Außerhalb der City gibt es einige größere Parkplätze. Wir werfen etwas Geld in einen der vielen Schlitze eines großen weißen Kastens - speziell in den Schlitz, der die Nummer der von uns in Anspruch genommenen Parkfläche trägt, aber alles Weitere bleibt uns verborgen. Ganz wohl ist uns dabei nicht.
Unser erster Weg führt uns vorbei an vielen innerstädtischen Straßenbaustellen und der Miniaturausgabe des Washingtoner Capitols zum riesigen Gateway Arch, der für alle aus dem Osten kommenden Besucher die Silhouette der Stadt bestimmt. Er wurde erst in jüngster Zeit als sichtbares zeichen und Denkmal an die Zeit errichtet, als St. Louis mit seiner Lage am Mississippi das Tor für die Erschließung des amerikanischen Westens war. Die Besonderheit des stählernen Riesenbogens ist, dass man im Inneren bis in die über 190 Meter hohe Wölbung hinauffahren kann und von dort oben eine grandiose Aussicht hat.
Den Abend verbringen wir in BB's Jazz Blues & Soups, einem altehrwürdigen Blueslokal mit Lifemusik. Die Band und die gesamte Athmosphäre reißen uns mit.
Jetzt sind wir angekommen.
20.02.2014 Wir sind in St. Louis auf dem fragwürdigen Parkplatz über Nacht stehen geblieben, schließlich hatten wir auch ein paar Biere getrunken. Früh halb sechs fängt es leise an zu regnen. Das Geklacker auf dem Wohnmobildach macht uns munter. Bald darauf erhebt sich ein kräftiger Prasselregen mit Blitz und Donner und weil es mit dem Schlaf ohnehin aus und zum Frühstück recht kalt ist, fahren wir um sechs im Dunkeln und im Regen gleich erst mal ein Stück aus St. Louis heraus, bis das Innere des Fahrzeugs aufgeheizt ist. Hinzu kommt, dass wir kein weiteres Parkplatz-Risiko eingehen wollen.
Wir fahren über den Mississippi zurück nach Illinois - dieses mal auf der I64 nach Südosten bis zum nächstbesten Mc Donald. Dort frühstücken wir zunächst in Ruhe in unserem Wohnmobil und wollen dann das kostenfreie WiFi des Burgerrestaurants nutzen. Für alle Internetaktivitäten brauchen wir über eine Stunde, denn da ist das Online-Tagebuch zu aktualisieren, sind Mails abzurufen und zu verschicken, Wetterinformationen einzuholen, usw. Alles klappt auch bestens bis zu dem Umstand, dass wir nacheinander das Wohnmobil verlassen und nichts ahnend die verriegelte Seitentür einfach zugeschlagen haben. Das Schlüsselbund steckt nach unserer Rückkehr noch brav im Zündschloss, alle Türen sind zu, einen Zweitschlüssel gibt es nicht und wir stehen etwas blass draußen im Regen. Der von hilfsbereiten Leuten herbei gerufene Schlüsseldienst macht uns nach einer Stunde in 5 Sekunden die Tür auf und bekommt dafür $50 - schmerzlich, aber wir hätten ihn dennoch küssen mögen.
Um elf geht´s weiter durch Illinois, auf der I64 bis Mt Vernon und der I57 nach Süden zum Ohio, dem breiten Grenzfluss nach Kentucky. Die Landschaft ist bergiger geworden, der Wind heftiger und manchmal kommt ein kräftigere Gewitterschauer hinzu. Das Wohnmobil bietet dem Wind eine breite Angriffsfläche, das Lenken erfordert volle Konzentration und der Motor hat gut zu tun. Das macht sich besonders im zügigen Abfall der Tankanzeige bemerkbar.
Die Fahrt ist also heute kein Genuss. Bei einbrechender Dunkelheit suchen wir nach 320 Meilen Tagesstrecke im dichten Verkehrtsgewühl von Nashville / Tennessee nach dem Walmart, den wir uns vorher im Internet ausgeguckt hatten. Er liegt relativ geschützt in einer Senke. Nach den laufend im Radio übermittelten Tornado-Warnungen mit Windgeschwindigkeiten von über 100 km/h ist uns eine einigermaßen geschützte Stelle recht lieb. Nach einer halben Stunde - die Außentemperatur ist sprunghaft auf über 20 Grad angestiegen - trifft uns prompt und wie aus heiterem Himmel eine gewaltige Windböe, verbunden mit einem kräftigen Wolkenbruch. Ist schon eine andere Welt, dieses Nordamerika.
Nach einer Stunde ist alles wieder total still und wir können beruhigt einschlafen. Wir sind zwar im Herzen und an der Quelle der County Music angekommen, die einst solche Rocker wie Bill Haley hervorgebracht hat, aber nach diesem Tag wollen wir nichts mehr sehen und hören.
21.02.2014 Als wäre nichts gewesen, scheint am Morgen die Sonne und die Temperatur ist wieder kurz über dem Gefrierpunkt. Wir hatten eine ruhige und ungestörte Nacht und machen uns gegen neun auf den Weg. Die versäumte Country Music hören wir ohnehin noch die ganze Zeit. Und die Nachbildung des Parthenon Tempels, die wir uns eigentlich ansehen wollten, lassen wir zugunsten der Aktualisierung unserere Website auch noch aus, weil wir wieder ein gutes Stück Weg vor uns haben.
Wir wollen nach Huntsville / Alabama, wo einst der deutsche Raketenpionier Wernher von Braun seine Visionen verwirklicht hat und zum Vater des US-Weltraumprogramms wurde. Die originalgetreuen Nachbildungen all der Raketen, die die Geschichte der NASA repräsentieren, grüßen schon von weitem. Das U.S. Space & Rocket Center liegt am Rande eines großen Militärareals gleich neben der Autobahn. Es ist natürlich sehr interessant, die Geräte in natürlicher Größe zu sehen, mit denen die Amerikaner ihren ersten Satelliten und ihren ersten Astronauten ins All und auf den Mond gebracht haben. Es schaudert uns die Vorstellung, wie die ersten Raumfahrer, eingezwängt in die vergleichsweise winzigen Raumkapseln die Flüge überstanden haben mögen. Auch die deutsche V1 von 1941 ist ausgestellt, von der bis Kriegsende über 20.000 Stück auf England und andere alliierte Gebiete abgeschossen wurden und die bis Ende der 40er noch von der US Air Force eingesetzt wurde. Besonders beeindruckend ist die originalgetreue Nachbildung des Spaceshuttle mit seiner gewaltigen Startrakete.
Nachdem wir die große Stahl-Metropole Birmingham durchfahren haben, bemerken wir, dass wir langsam in den Frühling kommen. Das erste grüne Gras sprießt am Wegesrand.
Ein paar Meilen vor Tuscaloosa kommen wir beim großen amerikanischen Werk von Mercedes mit dem vertauten Stern vorbei. Warum wir allerdings bisher so absolut selten mal einen "Daimler" auf amerikanischen Straßen gesehen haben, weckt in uns gewisse Zweifel an seiner Bedeutung für den amerikanischen Markt.
Ein paar Meilen hinter Tuscaloosa suchen wir den Campingplatz des Moonville Acheologic State Park auf, um endlich mal warm duschen zu können und Wasser in den Frischwassertank zu füllen, was uns bisher wegen der Frostgefahr untersagt war.
22.02.2014 Heute nehmen wir den letzte großen "Kanten" unter die Räder, dann sind wir an unserem ersten Reiseziel angelangt. Das Fahren auf den Interstates ist nicht unbedingt spannend, eher eintönig. Spannend wird´s nur, wenn wir wirklich mal in eine Stadt reinfahren, während die kleineren Ortschaften eigentlich alle ähnlich aussehen.
In der Nähe von Cuba verlassen wir Alabama hin zum Bundesstaat Mississippi. nach Cuba sind wir nicht extra gefahren - es ist ein Dorf mit einer Abfahrt von der Autobahn. Wir sind auch schon an Frankfort und Heidelberg vorbei gefahren. Mittlerweile werden uns draußen schon 62 Grad angezeigt, also wirklich frühlingshaft, fast 20 Grad Celsius. Die Osterglocken blühen, auch die Kamelien.

Am späten Nachmittag erreichen wir die Grenze nach Luisiana und bald auch Slidell, einen Vorort von New Orleans und Ziel für heute. Um halb sieben am Abend beginnt dort die Parade der Krewe of Dionysus, einer der verschiedenen Karnevalsvereine. Wenn wir das zu Hause schon mühsam herausgefunden haben, wollten wir natürlich pünktlich Ort und Zeit erreichen. Mit unserem RV fahren wir direkt an die Strecke, auf der die Parade vorbei ziehen soll. Nachdem alle Gruppen durch sind, fahren wir zum nächsten Walmart. Dort stehen schon einige Wohnmobile für die Nacht, wir gesellen uns hinzu.
Wir haben insgesamt 1.150 Meilen hinter uns, ab morgen ist das "Meilenschruppen" vorbei.

Vielleicht an dieser Stelle mal kurz die Aufklärung für alle Fragenden, warum wir denn auf die Walmarts so scharf sind, zumal die Supermarktkette in Deuschland eigentlich keine Rolle spielt. Walmart ist das umsatzstärkste Unternehmen der Welt überhaupt und beherrscht den US-Markt. Es gibt in den USA 3.700 Filialen und die alle alle haben mehr oder weniger große Parkplätze und für das Unternehmen gibt eine eigene Webseite für Leute, die mit einem Wohnmobil unterwegs sind, mit allen Märkten, bei denen man ungeniert und relativ sicher über Nacht stehen bleiben kann, ruhiger als bei einem Truck Stop. Und in den Märkten kann man selbstverständlich auch die super sauberen Toiletten benutzen und sich die Zähne putzen, solange man mit dem Wohnmobil nicht aus dem Nachtfrostbereich heraus ist.

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© Horst Uhlemann