USA 2017
Unser Reisetagebuch - Teil 4
Washingtons Küste und Seattle

14.04. Mit der Ankunft im Bundesstaat Washington haben wir den erheblichen Teil unserer Gesamtfahrstrecke hinter uns und noch ein paar unbeschwerte Tage vor uns. Das aktuelle Wetter ist nicht das Optimum, aber wenn man im April verreist, muss man auch mit dem Aprilwetter klarkommen. Zumindest gibt es heute beim viertelstündlichen Wechsel von dunklen Wolken und Wolkenlücken auch hin und wider Sonnenschein.
Bei unserer Campsite im Disappointment State Park bekommen wir schon am Morgen Besuch - eine Weißwedelhirschkuh. Nach gemütlichem Frühstück machen wir uns erstmal auf, um am Ende des State Parks von der Washingtoner Seite zur Landspitze der breiten Mündung des Columbia River zu gelangen. Noch ist Ebbe, aber wir bekommen einen Eindruck, was hier bei heftigen Stürmen los ist.
Die ersten Kilometer des Tages führen uns zunächst an der Willapa Bay vorbei, einer weiten, sehr flachen Bucht aus Modder und Sand - zu einer Wattwanderung können wir uns nicht entschließen. Hier werden Austern "angebaut" und in dem kleinen Örtchen South Bend verarbeitet.
Schließlich erreichen wir auf einer nächsten Halbinsel zwischen Raymond und Aberdeen den breiten Pazifikstrand von Grayland, machen dort eine lange Pause und lassen das Meer auf uns wirken. Als Übernachtungsort haben wir Aberdeen an der Mündung des Chehalis River ausgesucht.
15.04. Ostersamstag. Ursprünglich wollten wir von Aberdeen weiter am Pazifik entlang nach Norden fahren, die Olympic Mountains umrunden und uns von Norden her der Gruppe von Halbinseln nähern, die Seattle vorgelagert sind. Die Wettervorhersagen sind aber nur bis Ostersonntag günstig, so dass wir lieber den direkten Weg nach Osten bis nach Bremerton wählen, um von dort am Ostersonntagmorgen mit der Fähre hinüber in die größte Stadt Washingtons zu fahren.
Unsere Annahme, nun durch flaches Gelände mit einzelnen Gewässern zu fahren, erweist sich als Trugschluss. Vielmehr geht es weiter bergauf und bergab, die Landschaft erinnert uns eher an die nordwestschwedische Schärenküste. In Bremerton sondieren wir zweckmäßigerweise die Möglichkeiten, wo wir morgen unser WoMo tagsüber parken und auf welche Weise wir überhaupt die Parkgebühren entrichten können. So gewappnet suchen wir uns in der weiteren Umgebung ein ruhiges Plätzchen für die Nacht.
16.04. Am Morgen haben wir es eilig. Wir wollen die Fähre kurz vor neun nach Seattle erreichen. Es sind zwei große Fährschiffe, die insgesamt fünfzehnmal am Tag zwischen Bremerton und Seattle hin- und herfahren und dabei neben einer Menge Autos wohl auch bis zu 500 Passagiere befördern können. Heute sind es nur Osterausflügler.

Es sind nur dünne Schleierwolken am Himmel, so dass wir während der Überfahrt endlich mal einen freien Blick auf die umgebenden Berge haben. Nach einer dreiviertelstunde nähern wir uns immer mehr der Skyline von Seattle - der Stadt, in der Microsoft und Boeing zu Hause sind.
Wir merken bald, dass Seattle etwas anstrengend ist. Vom Hafen zur Innenstadt geht es ersteinmal steil bergauf. Wir haben uns ein paar der Sehenswürdigkeiten herausgepickt und suchen zuerst den Pioneer Square auf, um wegen der zwielichten Gestalten, die dort herumlungern, schnellen Fußes weiter zu gehen. Zwei Blocks weiter ein ganz anderes Bild, hier finden wir die elegantesten Hotels und Geschäfte. Das Columbia Center, das hächste Gebäude mit Aussichtsplattform, hat ausgerechnet heute am Ostersonntag geschlossen. Also schauen wir uns vor allem in der 4st Ave und 5th Ave um, kommen an interessanten Gebäuden vorbei und landen zunächst beim Washingston State Convention Center mitten im Sakura-con, einem bunten, ziemlich verrückten Event junger Leute, dem 20. seiner Art in Seattle.


Schließlich nutzen wir vom Westlake Center die Monorail zum Seattle Center, dem Ort der Weltausstellung von 1962, und der 184 Meter hohen Space Needle, dem Wahrzeichen Seattles. Am Ende bummeln wir schon recht fußlahm durch den Pike Place Market zurück zum Fähranleger.

Hier noch ein Panorama von der Space Needle von deren offizieller Website.
17.04. Heute fahren wir an die Nordküste der Olympic Peninsula bis Port Angeles. Irrtum, wenn wir noch die schneebedeckten Berge der Olympic Mountains zu sehen bekämen - zuerst sehen wir sie vor lauter Bäumen nicht, weil es ständig durch dichten Wald geht, und dann haben sie sich wieder in Regenwolken gehüllt. Die Olympic Mountains sind angeblich nach Alaska und Hawaii das regenreichste Gebiet der USA. Von Port Angeles können wir zumindest über die breite Strait of Juan da Fuca (die Spanier waren nämlich zuerst hier und haben dem Gewässer einen Namen gegeben) nach Vancouver Island hinüber schauen, wenn uns schon die Fahrt durch Kanada verwehrt war. Und außerdem haben wir frischen herrlichen Wildlachs gekauft, der am Abend in der Pfanne bruzelt.
18.04. Sehr weit fahren wir heute nicht, sondern bleiben nach 25 Meilen beim Seven Cedars Casino der Jamestown S´Klallam Tribe hängen. Eigentlich wollten wir uns nur ansehen, was analog zum Indianerproket des Jamestown Tribal Center hier hingestzt wurde. Als wir bestätigt bekommen, dass wir hier mit dem WoMo auch kostenlos über Nacht stehen bleiben können und sogar einen Stromanschluss haben, um unsere leeren Kameraakkus aufzuladen, bleiben wir.
19.04. Von unserem ruhigen Stellplatz beim Spielcasino verabschieden wir uns im Regen und fahren nach Port Townsend, einem durchaus faszinierenden Städtchen mit Fährhafen im Nordosten der Olympic Halbinsel, in dem die Zeit für hundert Jahre stehen geblieben ist. Port Townsend ist ein Musterbeispiel viktorianischer Architektur des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Man hatte sich seinerzeit etwas übernommen, die Stadt war zwanzig Jahre später pleite. Erst vor etwa vierzig Jahren haben vorausschauende Einheimische die Stadt wieder zum Leben erweckt, zur Freude der Besucher. Zusätzlich freuen wir uns, dass der Regen aufgehört hat.
Ein paar Meilen nach Süden fahren wir am Nachmittag noch und suchen dann einen ruhigen Platz für die Nacht.
20.04. Letzter Reservetag, den wir vorher nicht in Anspruch nehmen mussten. Bei über 4.000 km Gesamtstrecke war es schon nötig, Zeitreserven einzuplanen. Zum Glück ist uns in den 16 Tagen nichts Unvorhergesehenes passiert und für die letzten 40 Meilen bis zur morgigen Abgabe des Wohnmobils bei Apollo in Tacoma wird sicher auch alles glatt laufen. Wir sind heute nur 30 Meilen bis Port Orchard gefahren, haben ansonsten etwas gefaulenzt und schon mal einen Teil unserer wenigen Klamotten und Utensilien zusammengesucht und in die Koffer getan. Mit etwas Mühe haben wir zumindest für unseren morgigen Flug von Seattle nach Amsterdam einchecken können.
21.04. Washington verabschiedet uns mit richtigem Sonnenschein. In den Tälern ist es spürbar Frühling geworden, die Kirschbäume in den Vorgärten stehen in voller Blüte, auf den hohen Bergen wird der Schnee noch lange liegen bleiben.
Wir fahren die letzten Meilen bis nach Tacoma. Dort geben wir am Vormittag das Wohnmobil unversehrt zurück und arbeiten uns per Bus zum Airport durch, der auf halbem Wege zwischen Tacoma und Seattle liegt. Unser Flieger nach Amsterdam startet kurz nach 18 Uhr.
22.04. Gegen 12 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit kommen wir in Amsterdam an und müssen fast fünf Stunden auf unseren Anschlussflug nach Berlin warten. Aber auch diese Zeit geht vorüber und am späten Abend halb zehn kommen wir schließlich etwas müde um die Augen zu Hause an.

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