USA 2017
Unser Reisetagebuch - Teil 2
Von Iowa nach Idaho

04.04. On the road again! Wir sitzen wieder in einem uns vertrauten RV (Recreation Vehicle - wie hier die Wohnmobile heißen) und fahren über die amerikanischen Highways. Vom nördlichen Iowa aus überfahren wir bald die Grenze zum nördlichen Nachbar-Bundesstaat Minnesota, um über die Interstate 90 nach Westen zu fahren. Die Sonne scheint auf weites Ackerland, das noch in seiner Vegetationsruhe schlummert. Die ganze Gegend, vor 250 Jahren noch Indianerland, lebt von der Landwirtschaft und es gibt wenig Abwechslung.
Gegen die Eintönigkeit sorgen bald schon kleine Wasserlachen, die sich in unserem Wohnmobil breit machen und nicht aufhören zu fließen. Der volle Frischwassertank, unter dem Hochbett verborgen, verliert zusehnds Wasser! Zurückfahren und nochmal RV-Tausch? Dazu sind wir schon etwas zu weit weg. Aus vorangegangenen Erfahrungen mit amerikanischen Wohnmobilen haben wir einen Schraubendreher dabei, eine Verkleidung ist fix abgeschraubt und als Ursache des Wasserproblems stellt sich das nicht vollständig verschlossene Gehäuse des Wasserpumpenfilters heraus. Unsere Wahrnehmung, dass beim größten Wohnmobilhersteller der USA gepfuscht wird, erfährt neue Bestätigung.
Nach 130 Meilen erreichen wir am frühen Abend Sioux Falls, die größte Stadt in South Dakota. Zuerst decken wir uns bei einer der vielen Banken mit Dollars ein, um dann beim letztmöglichen ALDI, den wir auf unserer Tour streifen, Vorräte für die nächsten Tage einzukaufen. Beim großen Walmart vis-a-vis finden wir ein Plätzchen für die Nacht.
Als ob die kleinen Ärgernisse nicht schon genug wären, will unser kleiner Reisecomputer keine Bilder mehr bearbeiten - also muss ich auch hier improvisieren! Die Hauptsache ist aber, das unsere kleine, schon ziemlich strapazierte Hosentaschenkamera funktioniert.
05.04. Die Nacht war kühl, aber es gab keinen Frost. Unser RV ist nicht besonders gut isoliert und die zwei leichten Wolldecken, die uns Apollo zugebilligt hat, hätten uns nicht unbeschwert über die Nacht geholfen, wenn wir nicht die Heizung angestellt hätten. Nach dem Frühstück und einem kurzen Besuch beim Walmart, um noch die nötigsten WoMo-Utensilien zu kaufen, fahren wir erstmal, um richtig warm zu werden, auf der I-90 ein Stück weiter gen Westen. Es ist uraltes Indianerland, durch das wir fahren. An die verschiedenen Stämme der Sioux, die hier siedelten und mit ihren Flitzbögen auf große Büffel schossen, erinnern nur noch Namen. Aus der Prärie ist fruchtbares Ackerland geworden.

Nach 60 Meilen machen wir in Mitchell eine erste Rast, trinken beim McDonald einen Kaffee und nutzen dessen WiFi für die Kommunikation mit der Welt. Die alte Brücke über den Missouri bei Chamberlain verdient einen nächsten Stopp. Hier ändert sich durch den großen Fluss, der sich in tausenden von Jahren in die Ebene eingegraben hat, kurzzeitig das Landschaftsbild. Westlich des Missouri sehen wir nur noch wenig Ackerland, sondern mehr Weideland, das schon etwas mehr an die frühere Prärie erinnert. Bald erreichen wir auch die Zeitzonengrenze zur Mountain Time und gewinnen dadurch eine Stunde, die wir beim Besuch des Badlands Nationalparks gut gebrauchen können.

Der Badlands NP ist größer als vermutet und fasziniert uns total. Wir fahren zwei Stunden durch den Park und erreichen nicht mal die Hälfte seiner Ausdehnung. Hier haben wir noch richtige Prärie vor uns. Aber das Wesentliche sind die in Tausenden von Jahren zerfurchten Sedimentschichten, die vor vielen Millionen Jahren den Grund eines riesigen Meeres bildeten. Wir haben uns entschieden, die Nacht auf einem naturbelassenen Camp innerhalb des Parks zu verbringen (hier gibt es lediglich ein Plumpsklo, aber nicht mal auf das sind wir angewiesen).

Auf dem Weg dorthin erleben wir eine Überraschung nach der anderen - Hunderte von quirligen Präriehunden, mehrere kleinere Herden von Bighorn Sheeps, in der Ferne sehen wir Gabelböcke und schließlich einen großen Bisonbullen, dann noch zwei und am Ende, direkt beim Campground, mehrere kleine Bisonherden. Die Büffel legen sich in der Dämmerung in Sichtweite von uns zur Ruhe. Später sehen wir noch einen Coyoten vorbeischleichen - ob er am Ende noch einen Prairie dog als Abendmahlzeit erwischt hat, haben wir nicht mehr sehen können.
Nach den relativ schlichten Erlebnissen in Iowa und Minnesota können wir nun sagen: wir sind in dem Amerika angekommen, das wir gesucht haben.
06.04. Der Himmel ist klar, über Nacht gab es leichten Bodenfrost. Den wilden Büffeln und Schafen hat das nichts ausgemacht, sie haben noch ihren Winterpelz an. Die Präriehunde sind schon alle aus ihren Bauen heraus und machen "Männchen", um sich in der Morgensonne aufzuwärmen. Wir hingegen heizen unser WoMo tüchtig ein, um auf Betriebstemperatur zu kommen. Dann begeben wir uns auf die Weiterfahrt aus dem Nationalpark heraus und über die Interstate 90 nach Rapid City, dem regionalen Zentrum im Westen von South Dakota. Dort besorgen wir uns frisches Geld, schauen nach Post, machen den Tank voll und uns auf den Weg in die Black Hills.

Zwischen den Bergen und durch die schönen Pinienwälder macht das Fahren richtig Spaß. Schon von der vierspurigen Straße erblicken wir das gewaltige Mount Rushmore National Memorial, das unter der Leitung des Rodin-Schülers Gudzon Borglum in den Jahren 1927-1941 aus dem Fels gehauen wurde. Die Dimensionen beeindrucken sehr. Einige Meilen weiter auf der Westseite der Black Hills ist ein weiteres, noch gewaltigeres Monument in Arbeit. Vom legendären Inianerhäuptling Crazy Horse, für den es gedacht ist, ist noch nicht viel zu sehen, aber das Ganze wird schon jetzt mit viel Rummel vermarktet, dem wir uns nicht aussetzen wollen. Wir fahren lieber noch ein weiteres Stück westwärts über die Grenze zum Bundesstaat Wyoming und bleiben über Nacht im nicht viel sagenden Gillette.
07.04. Die Interstate 90W verlassen wir nach insgesamt 800 Meilen endgültig in Buffalo, einem Provinzörtchen am Fuße des Bighorn National Forest. Der ist heute unser Ziel und dessen schneebedeckte Berge grüßen uns schon von weitem. Es dauert nicht lange und wir sind mitten drin. Die Schneehöhen sind noch beachtlich, aber erfreulicherweise ist die Bundesstraße 16 vorbildlich geräumt. Die Bighorn Mountains sind im Sommer ein beliebtes Wandergebiet, jetzt sind noch alle Forest Camps geschlossen.
Die US16 führt direkt weiter in den Yellowstone National Park, aber der ist, wie wir wissen, noch bis Ende April geschlossen. Wir wenden uns also in Worland nach Süden, durchfahren die spektakuläre Schlucht des Wind River und beziehen im Boysen State Park auf einem der dortigen Campgrounds einen total ruhigen Platz an einem Stausee - jum diese Zeit sind wir dort völlig allein, im Sommer wäre ohne Vorreservierung nichts zu machen. Mit 18 ºC ist es frühlingshaft warm.
Aufgefallen ist uns die geringe Bevölkerungsdichte in Wyoming - später lesen wir nach, dass es weniger als 600.000 sind. Möglicherweise haben wir heute unterwegs mehr Rinder als Menschen gesehen - in jedem Fall mehr freilaufende.
08.04. Die ersten tausend Meilen liegen hinter uns. Im Regen verlassen wir den Boysen State Park, der nächste Ort ist Shoshoni. Es ist erneut anzumerken, dass die Ortsnamen verschiedener kleinerer und größerer Städte und natürlich auch die Namen der Bundesstaaten, durch die wir bisher gekommen sind, auf Indianerstämme verweisen, die in den betreffenden Regionen gesiedelt haben. Um Shoshoni herum waren es eben die Schoschonen. Erinnerungen an Indianerbücher unserer Kindheit und speziell an Filme wie den "Schuh des Manitou" kommen auf - natürlich auch, weil wir nun über viele Meilen durch ein Indianerreservat kommen werden.

Riverton ist der nächstgrößere Ort mit Supermärkten, einer Menge Tankstellen und einer Dump Station. Wir brauchen unbedingt frisches Wasser und müssen unserem WoMo Erleichterung vom Gray and Black Water verschaffen. Weil es regnet, surfen wir bis Mittag bei einem Kaffee beim McDonald im Internet herum. In den Bergen des Bridger Teton National Forest und des Grand Teton National Park, unserem eigentlichen Tagesziel für heute, schneit es nach den aktuellen Wetternachrichten. Das stimmt uns schon recht bedenklich. Als es sich dann zumindest im Tal von Riverton doch aufhellt, lassen wir unserem Optimismus freien Lauf und fahren von hier, wo wir einen der südlichen Punkte unserer Tour erreicht haben, nun in nordwestliche Richtung weiter, immer am Wind River aufwärts durch das gleichnamige Inianerreservat.
Tatsächlich werden wir für unseren Mut belohnt - es wird eine herrliche Fahrt durch tolle Landschaft. Beim Togwotee Pass erreichen wir mit 8.658 ft den Scheitelpunkt unserer Fahrt durch den Bridger Teton NF, dann geht es steil hinab zum nördlichen Eingang des Grand Teton NP. Wir wissen, dass wir dort nicht weit kommen werden, weil der sich bald unmittelbar anschließende Yellowstone NP noch geschlossen ist. Wir tun es trotzdem, fahren am Jackson Lake nordwärts bis zum gesperrten Yellowstone Parkeingang und der Blick auf die wolkenumhüllten Viertausender entschädigt uns voll und ganz. Nach der zwangsläufigen Umkehr fahren wir noch ein paar Meilen und bleiben auf einem Parkplatz am Glacier View Point für die Nacht stehen. Von Bergen und Gletschern ist nichts mehr zu sehen, die Wolken hängen tief und es regnet.
09.04.
In der Nacht gab es leichten Frost und etwas Schnee. Am Morgen ist von den Teton-Gletschern noch viel weniger zu sehen - sie verbergen sich hinter Wolken, die bis zur Talebene reichen, in der sich der Snake River dahinschlängelt. Aussitzen oder weiterfahren? Der Kompromiss: wir werden uns im angesagten Jackson umsehen und bis Mittag warten. Ein Ranger empfiehlt uns das National Elk Reserve gleich am Ortsrand, wenn wir mehr als die beiden Elks (Weißwedelhirsche) sehen wollen, von denen wir ihm berichten. Diese amerikanischen Hirsche sind schon stattliche, imposante Tiere.
Da sich bis zum Mittag eher weitere Schneeschauer einstellen, lassen wir Gletscher Gletscher sein und fahren weiter am Snake River entlang flussabwärts. Er wird uns bis Idaho Falls, unserem Tagesziel begleiten. Dort scheint endlich die Sonne, aber es bleibt kalt.
Idaho Falls ist eine nichtssagende, weit zersiedelte flache Stadt - gut zum Tanken und für eine Übernachtung.

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