USA 2015
Unser Reisetagebuch - Teil 4
In den wilden Westen von Texas

26.3.2015 Wolkenverhangener Himmel am Golf. Kein Strandwetter, sondern Fahrwetter - weiter also nach Nordwesten in das andere Texas. Wir müssen schon mal 25 Meilen fahren, ehe wir überhaupt durch die ausgedehnte Industrie- und Gewerbezone von Corpus Christi hindurch sind. Spätestens, als wir von der Interstate 37 nach Westen auf den Highway 140 abbiegen, der nicht ohne Grund den Namen "Farm Road" trägt, rollen wir nahezu ausschließlich zwischen Farmzaun links und Farmzaun rechts - wie wir es sonst nur aus Südafrika oder Australien kennen. Natur pur. Alles ist grün, was blühen kann, blüht und das Getreide steht schon fast einen halben Meter hoch. Nach etwas über 200 Meilen erreichen wir bei wieder schönstem Sonnenschein die Provinzstadt Uvalde und richten uns dort für die Nacht ein.
27.3.2015 Dass spätestens hier das andere Texas anfängt, haben wir schon schon am Abend vorher gemerkt. Es war eine total klare und kalte Nacht. Am Morgen neun Grad in unserer Hütte, draußen vor Sonnenaufgang nur drei. Vormittags um neun schon wieder 18!
Weiter nach Westen, der Grenzstadt Del Rio zu, wird die Landschaft zunehmend anders - trocken, sandig, karg. Nach insgesamt gut 80 Meilen erreichen wir den Rio Grande, den Grenzfluss nach Mexiko,der hier durch einen Staudamm aufgestaut wird, wodurch eine weitläufige Erholungslandschaft entstanden ist, die "Amistad National Recreation Area". Daran kommen wir erstmal nicht vorbei, denn hier geht wirklich das los, was wir uns unter dem heißen, wilden texanischen Westen vorgestellt haben - knallige Sonne, blühende Dornenbüsche, aride Halbwüste. Und noch dazu ein in verschiedene Seitentäler verzweigter Stausee mit niedlichen, einfachen Campingplätzen.
Wir sind angekommen! Eigentlich wollten wir schon gleich zum Big Bend Nationalpark durchfahren - aber das können wir morgen immer noch.
28.3.2015 Es ist so herrlich friedlich und warm, dass wir einfach noch am Amistad Stausee bleiben wollen und nur noch ein paar Meilen weiter vom Highway weg auf einen total naturbelassenen einfachen Platz fahren. Hier sind wir ganz allein, nur hin und wider kommt der Parkranger oder die Border Patrol vorbei - schließlich sind wir im Grenzgebiet zu Mexiko. Wir selbst bewegen uns nicht vom Fleck, bei 29 Grad unterm blühenden Akazienbaum genießen wir die Abgeschiedenheit.
29.3.2015 Heute ist Palmsonntag. Auf dem Highway 90, der uns weiter durch die texanische Wüste nach Westen führt, ist nicht viel los. Kulisse wie im klassischen Western. Hin und wider ein Milemarker, der an einstige Kämpfe mit Indianern und Mexikanern erinnert oder an den Bau der Southern Pacific Railroad, die sich in Sichtweite des Highways dahinschlängelt und immer noch New Orleans mit San Francisco verbindet. Im Abstand von 30 bis 70 Meilen mal eine Siedlung, bestehend aus ein paar halb verfallenen Hütten. Sonst nichts. Bis auf Langtry. Dort gibt es ein US Post Office und ein sehr liebevoll eingerichtetes Visitor Center, sogar mit WiFi-Zugang. Außer uns halten nahezu zeitglich fünf Wohnmobile an - alles Deutsche, die ersten seit zwei Wochen!
Nach 140 Meilen erreichen wir Marathon. Zwei konkurrierende Tankstellen, beide sind sich ihrer Monopolstellung in der Wüste voll bewusst, ein Motel und ein paar einfache Häuser. Hier biegen wir nach Süden ab und fahren nochmal 100 Meilen, bis wir gegen Abend den weitläufigen Rio Grande Village Campground im Südosten des Big Bend Nationalparks erreichen.
30.3.2015 Der Big Bend ist einer der größten Nationalparks der USA und umfasst einen großen Teil der Chihuahua-Wüste, die weit nach Mexiko hinein reicht. Wie extrem das Klima in dieser Wüste ist, merken wir im Tal des Rio Grande besonders. Der Himmel hat sich zum Glück zugezogen, in der prallen Sonne würden wir freiwillig keine hundert Schritte gehen. So machen wir wenigstens einen erwartungsvollen Spaziergang zum großen Fluss. Wir trauen unseren Augen nicht - ein Rinnsal, durch das wir bequem zum Grenzgänger nach Mexiko werden könnten. Zumindest um diese Zeit!
Dann verharren wir nur noch faul unterm Sonnendach bei leisem Lüftchen und 34 Grad. Hochsommer Ende März in der Wüste von Texas.
Gegen Abend unternehmen wir noch eine kurze Fahrt flussabwärts, um ein Stück in den Boquillas Canyon hinein zu wandern - zumindest, soweit es geht. Der Rio Grande hat sich hier im Laufe von Jahrmillionen tief durch harten Fels gegraben. Die steilen Wände sind total beeindruckend.
Nachts können wir vor Wärme kaum schlafen.
31.3.2015
1.4.2015
Am Morgen fahren wir beizeiten los zum Campground im Chisos Baisin. Das ist die schönste und begehrteste Gegend hoch oben in den Bergen des Big Bend. Als wir über einen Pass kommen, sehen wir unter uns den malerischen Campingplatz liegen. Wir haben Glück und ergattern noch einen der begehrten 60 Plätze - gleich für zwei Nächte. Hier auf 1.650 Meter Höhe ist das Klima ganz anders. Am Abend nach Sonnenuntergang gehen wir freiwillig in unser warmes Wägelchen und decken uns nachts mit unseren dicken Decken zu.

Das Chisos Basin ist noch Heimat von Schwarzbären und Pumas. Auf unserer dreistündigen Wanderung zum so genannten "Window" sehen wir natürlich keine, aber die Tour über gut 150 Höhenmeter ist dennoch eine Freude für die Augen. Am Ende des Wanderweges blicken wir tatsächlich zwischen steilen Felsen hindurch wie durch ein Fenster in die Weite der Wüste.
2.4.2015
3.4.2015
In der Frühe setzen wir schon um auf den dritten Campingplatz des Nationalparks, den Cottonwood Campground im Südwesten. Der hat nur 24 Plätze unter hohen, Schatten spendenden Pappeln und einen davon möchten wir schon gern für uns haben. Das klappt und ab neun relaxen wir schon wieder in unseren Stühlchen unterm Vorzeltdach, das Thermometer zeigt bald wieder 35 Grad an. Es ist keineswegs langweilig auf dem Camp. Die kleinen, stimmgewaltigen Wildtauben balzen um die Wette, Spechte klettern durchs Geäst, ein Roadrunner erregt unsere Aufmerksamkeit und gegen Abend zieht eine Rotte Halsbandpekaris über den Platz. Beim nächtlichen Mondschein sitzen wir noch draußen, lauschen dem Gezirpe der Zikaden und dem leisen Plätschern des Rio Grande.

Wir haben gleich für zwei Tage reserviert. Am Karfreitagmorgen fahren wir in den letzten Winkel des Parks zum Santa Elena Canyon - so heißt ein weiterer spektakulärer Durchbruch des Rio Grande durch mehr als hundert Meter hohe senkrechte Felswände. Es wird wieder sehr warm und am Mittag würden wir die Tour in den Canyon schon gar nicht mehr gern gehen. Nach der spannenden einstündigen Tour sind wir bald wieder auf unserer Campsite und schauen dem Treiben auf dem Platz zu. Über uns kreisen zuweilen die harmlosen Truthahngeier, von denen es in der Region eine ganze Menge gibt. Höhepunkt des Nachmittags ist eine Klapperschlange, die unweit von uns über den Hauptweg kriecht. Gegen Abend kommen wieder die Schweine und in der Dunkelheit hören wir die Rufe einer großen Eule.
4.4.2015 Um den westlichen Ausgang aus dem Big Bend zu erreichen, fahren wir zunächst den gesamten Scenic Drive zurück, für den wir uns vor zwei Tagen nicht genügend Zeit gelassen haben. Außerhalb des Parks kommen wir wieder zum Rio Grande und fahren an ihm auf einer der Traumstraßen der Vereinigten Staaten, dem Texas Highway 170, noch weitere 50 Meilen. Die Landschaft ist einfach überwältigend.
Presidio ist ein kleiner Grenzort nach Mexiko. Dort versuchen wir in drei verschiedenen Discountläden nahezu vergeblich, unsere Vorräte aufzufüllen - es gibt nur Konserven und Kekse, keine Frischware. Wovon die Leute hier leben, ist uns ein Rätsel. Am Ende finden wir noch eine Bäckerei, so dass unser Ostersonntagsfrühstück gesichert ist. Von Presidio fahren wir geradewegs nach Norden bis Fort Davis und gehen dort auf einen Campingplatz, auf dem wir endlich unsere Abwassertanks leeren und frisches Wasser auffüllen können. WiFi gibt´s gratis.
5.4.2015 Die luftigen, leicht süßen großen Brötchen vom mexikanischen Bäcker in Presidio, mit etwas Butter drauf und getrockneten Cranberries aus der Tüte ergeben ein perfektes Osterbrot. Frohe Ostern! Und Grüße an alle zu Hause.
Am Vormittag besuchen wir zuerst die Fort Davis National Historic Site. Sie erinnert demonstrativ an die Zeit vor 150 Jahren, als an der texanischen Handelsroute von San Antonio nach El Paso verschiedene Forts errichtet wurden, deren Truppen die Post- und Planwagentransporte sowie die Gleisvermesser der Eisenbahn zu begleiten und gegen Überfälle von Apachen und Comanchen zu beschützen hatten. Bei der Weiterfahrt durch die attraktiven Davis Mountains machen wir einen Stopp beim McDonald Observatory, einem der weltweit führenden Observatorien, müsssen dann ein Stück auf der total langweiligen Interstate 10 zurück legen und haben schließlich noch entspannte Meilen entlang der beieindruckenden Kulisse der Sierra Diablo Mountains vor uns. Über nahezu 30 Meilen sehen wir schließlich das gewaltige Massiv der Guadalupe Mountains direkt auf uns zu kommen und beziehen für die Nacht einen spartanisch einfachen Camp am Eingang zum Guadalupe Mountains National Park.
6.4.2015 Noch ist Ostern. Und die Gelegenheit für einen schönen zweistündigen Osterspaziergang am Morgen, ehe wir endgültig Texas verlassen.

Es war eine lange Fahrt durch diesen nach Alaska mit Abstand zweitgrößten US-Bundesstaat. Texas ist immerhin flächenmäßig nahezu doppelt so groß wie Deutschland! Gegen Mittag fahren wir weiter nach New Mexico. Wir sind nun in der Mountain Timezone, gewinnen damit eine Stunde und stellen unsere Uhren zurück. Der aktuelle Zeitunterschied zu Deutschland liegt nun bei acht Stunden.

» Weiter durch New Mexico nach Arizona
« zurück