Usbekistan 2013
Erlebnisse an der Seidenstraße
Motivation
Seit unserer frühen Jugend, als man uns in der Schule die Errungenschaften der Völker der ruhmreichen Sowjetunion nahe brachte, haben wir die Geschichten des orientalischen Spötters Hodsha Nasreddin und die Bilder der gewaltigen Bauwerke von Samarkand in unseren Hinterköpfen. Nun, nach so langer Zeit, wollen wir alles mit eigenen Sinnen sehen und erleben. Natürlich interessiert uns dabei auch, mit der Kysylkum eine weitere Wüste kennen zu lernen.
Als Reisezeit haben wir uns den Oktober ausgesucht, in dem die Tagestemperaturen Zentralasiens erträglich werden und gleichzeitig für uns die Option bieten, den Sommer noch etwas zu verlängern. Der Einfachheit wegen buchen wir eine organisierte Reise und entscheiden uns für den renommierten Reiseveranstalter Gebeco.
Unsere gebuchte Pauschalreise führt über Riga nach Taschkent - eine günstige Gelegenheit, unterwegs gleich noch die lettische Hauptstadt kennen zu lernen. Wir ziehen also den Hinflug mit Air Baltic um einen Tag vor und buchen eigenständig eine Übernachtung in Riga.

Anreise über Riga (3.-4.10.)
Lettland gehört seit 2004 zur Europäischen Union. Ab Januar 2014 ist der Euro offizielles Zahlungsmittel. Aber eben erst ab Januar, so dass wir uns am Flughafen schnell ein paar Latis "kaufen", um mit dem Bus in die Stadt zu kommen. Gleich hinter der Brücke über die Düna steigen wir aus und laufen die paar Schritte zu unserem Hotel mitten in der Altstadt. Wir haben über 30 Stunden Zeit für die lettische Hauptstadt, bummeln gemütlich durch die Gassen der vorbildlich restaurierten Altstadt, betrachten aufmerksam einige der schönen Jugendstilhäuser, für die Riga berühmt ist, und nutzen auch noch die Gelegenheit, einen Blick in zwei der Vororte zu werfen, die noch den Charme der Sowjetzeit ausstrahlen.
Die Bilder dieser Stippvisite sprechen sicher für sich. Am späten Abend des zweiten Tages fahren wir zurück zum Flughafen. Unser Flieger nach Taschkent startet um 23 Uhr.

Samarkand (5.-8.10.)
Nach fünf Stunden Flug im Billigflieger sind wir erleichtert, um sechs Uhr Ortszeit in Taschkent aussteigen zu können und nehmen die folgenden 1,5 Stunden für die Einreisekontrolle locker in Kauf - besonders, als wir hören, dass das eine rekodverdächtig kurze Zeit war! Bevor wir gleich im Bus 300 km weiter nach Samarkand fahren, dürfen wir uns ein gutes Frühstück in einem der besten Hotels Taschkents gönnen. Die Straßen geben nicht mehr als 100 km/h her, meist viel weniger. Ein kurzes Stück der Autobahn, die zu Sowjetzeiten auf direktem Weg ein kleines Stück durch Kasachstan gebaut wurde, können wir nicht nutzen - mehr Zeit also, verlorenen Schlaf nachzuholen. Nach einer Pause bei einem traditionellen Lokal kommen wir erst am Nachmittag in Samarkand an - nur noch Zeit für einen kurzen individuellen Rundgang, einen Besuch im Internetcafe und für das Abendessen, dann fallen wir müde in unsere Betten.
Samarkand gehörte seit weit mehr als 2.000 Jahren zu den wichtigsten Oasen und Handelsplätzen an den uralten Karawanenstraßen zwischen China und dem Mittelmeerraum, wurde in seiner langen Geschichte von den verschiedensten Heerscharen geplündert und zerstört und erlebte seine historische Glanzzeit, als der durch seine Grausamkeit berüchtigte Eroberer Timur (Tamerlan) zu seiner Hauptstadt machte und viele der heutigen bedeutenden Bauwerke in Auftrag gab. Samarkand hat demnach keine zusammenhängende Altstadt - die Sehenswürdigkeiten liegen ziemlich verstreut in der ausgedehnten Stadt. Aber wir haben ja einen Bus zur Verfügung.
Wir haben volle zwei Tage Zeit, um uns all die schönen Bauwerke aus der Timuridenzeit anzusehen, für die Samarkand berühmt geworden ist. Als die Russen 1868 in das inzwischen fast menschenleere Samarkand einmarschierten, waren noch größere Reste dieser bedeutenden Bauwerke vorhanden und konnten durch sie vor dem weiteren Verfall gerettet werden. Die historische Seidenstraße hatte ihre Bedeutung verloren, der moderne Tourismus hat sie zu neuer Blüte auferstehen lassen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat die usbekische Regierung besonders viel Geld für die vobildliche Restaurierung der erhaltenen Bauwerke ausgegeben und damit Samarkand zur neuen Perle der Seidenstraße gemacht. Unsere Bilder bestätigen das sicher eindrucksvoll.

Shahrisabz (8.10.)
Es gibt einen schnelleren und kürzeren Weg nach Buchara, als den über die höchste Passstraße im zentralen Usbekistan, die zudem auch noch für Reisebusse gesperrt ist. Aber dann wären wir um Shahrisabz herum gekommen - den Geburtsort Timurs, der zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Timur plante in der uralten Stadt gewaltige Bauwerke und Monumente, die allerdings nur zum Teil errichtet wurden, nachdem er Samarkand zu seiner Hauptstadt gemacht hatte. Größenwahn gab es eben zu allen Zeiten. Vom Monumentalpalast Aq Saray sind allerdings nur noch die beiden hohen Pylonen des großen Portals erhalten.
Leider sind große Teile der Altstadt nach dem Zusammenbruch des Timuridenreichs zerstört worden, die weitgehend restaurierte Kuk-Gumbaz-Moschee, die einst von Ulugh Beg geplant und gebaut wurde, ist umso mehr ein Blickfang.

Buchara (8.-11.10.)
Umgeben von Wüstensand war Buchara schon vor unserer Zeitrechnung eine wichtige Oase an der legendären Seidenstraße. Die Anstürme und Belagerungen durch Perser, Araber, Mongolen und andere Heerscharen brachten die Stadt immer wieder an die Grenzen des Ruins, ihre vorzügliche Lage ließ sie aber immer wieder neu entstehen. Unter den Timuriden, Schaibaniden und Mangyten erreichte Buchara seine Blüte, mit der Angliederung an das Russische Reich begann eine moderate Industrialisierung.
Buchara ist voller bedeutender islamischer Bauwerke und gehört zu Recht seit über 20 Jahren zum Weltkulturerbe der UNESCO. Bei unserem Besuch haben wir uns nur auf einen Bruchteil der vorhandenen Moscheen, Medresen und sonstigen orientalischen Bauwerke konzentrieren können und am Ende ist es reichlich schwer gefallen, aus der Flut von mitgebrachten Fotos eine erträgliche Anzahl auszuwählen.

Chiwa (11.-13.10.)
Zwischen Buchara und Chiwa liegt die Kysylkum, die zu den großen Wüsten dieser Erde gehört. 400 km Wüstenstraße bedeuten eine Tagesreise mit dem Bus - die früheren Kamelkarawanen waren hingegen zehn Tage unterwegs, ehe sie sich am legendären Brunnen der uralten Oasenstadt erfreuen konnten. Wenn wir diese Weltkulturerbestadt erleben wollen, kommen wir jedenfalls nicht um die Wüstenfahrt herum.
Die Altstadt ist überschaubar klein und dennoch voller überragender Sehenswürdigkeiten. Sie stammen überwiegend aus der Zeit, als Chiwa im 17. Jahrhundert die Hauptstadt des selbständiges Khanats Choresm wurde. Vorher war die Stadt mehrfach geplündert und nahezu vernichtet worden, nicht nur durch Dshingis Khans Horden, sondern auch durch Timurs Heerscharen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass in Chiwa kein Timur-Denkmal zu finden ist. Vielmehr hat die Stadt dem überragenden Gelehrten Al Chwarizmi, der im 9. Jahrhundert die Null in das arabische Zahlensystem einführte und damit beispielsweise das einfache Rechnen mit Dezimalzahlen begründete, ein eigenes Denkmal gesetzt. In der Altstadt von Chiwa liegen auf engem Raum eine Vielzahl von Medresen, Mausoleen, Moscheen und Paläste

Taschkent (13.-15.10.), Land und Leute
Die usbekische Hauptstadt, die durch das verheerende Erdbeben von 1966 weitgehend vernichtet wurde, ist heute wieder eine ausgedehnte, grüne und vor allem multikulturelle Millionenstadt. Taschkents breiten Alleen, Parkanlagen und Neubauten sind durchaus sehenswert, aber stellen im Gegensatz zu den historischen Bauten von Samarkand, Buchara und Chiwa keinen adäquaten touristischer Anziehungspunkt dar. Erstaunlich für uns ist allerdings der originalgetreu wiederaufgebaute Komplex um die große Moschee Hazrati Imom und die Besichtigung des ältesten Korans der Welt - dadurch rechtfertigt sich völlig der eine Tag in Taschkent. Unser Rückflug über Riga nach Berlin startet bereits am Tag darauf früh um fünf - drei Stunden vorher aufstehen, zwei Stunden vorher wieder langwierige Zoll- und Passkontrolle.
Resümee: Usbekistan ist ein sicheres, interessantes Reiseland mit überaus netten Einwohnern. Es ist ein reiches und zugleich armes Land - unsere Bilder über Land und Leute können diese widersprüchliche Feststellung sicher etwas aufhellen.