Australien 2010
Reisetagebuch / Teil 8

Cairns - Brisbane

Die "kleine Stück" von Cairns nach Brisbane ist etwas länger, als man aus europäischer Sicht meinen mag - immerhin über 1.700 km. Dem subtropischen Norden Australiens steht nun die Regenzeit bevor, aber da wir überwiegend asphaltierte Straßen vor uns haben, kann der Regen uns keinen ganz so dicken Strich mehr durch unsere Rechnung machen, sondern uns höchstens mal etwas stören.

9.11. Ein paar Kilometer nördlich von Cairns kommt der asphaltierte Savannah Way Broome - Cairns (wir waren ja die spannendere Alternative gefahren) die Berge herunter - den fahren wir nun hinauf, weil wir noch mehr vom tropischen Regenwald und von den Atherton Tablelands sehen wollen. Kuranda liegt am Ende der steilen kurvenreichen Auffahrt. Dorthin machen fast alle Touristen aus Cairns einen Tagesausflug, ob per Zug, Seilbahn oder Bus. Bevor wir uns in das zu erwartende Getümmel stürzen, fahren wir zuerst zum etwas entfernteren Parkplatz für die Barron Falls und erleben eine erste Überraschung. Auf einem breiten Laufsteg wandern wir durch den Regenwald hinab zur Aussichtsplattform, mal auf halber Höhe der Baumriesen, mal zu deren Füßen, und erleben hautnah die vielfältige Vegetation. An der Aussichtsplattform angekommen, kommt auch prompt noch der letzte Touristenzug aus Kuranda, der hier seinen planmäßigen Halt macht und Hunderte Japaner ausspuckt. Wir suchen schnell das Weite, trinken beim Parkplatz noch gemütlich unseren Nachmittagskaffee und fahren danach zurück nach Kuranda. Jetzt die zweite Überraschung: es ist 17 Uhr, Kuranda ist eine Geisterstadt. Der Touristenspuk, von dem Kuranda lebt, ist für heute zu Ende. Wir bleiben auch nicht, sondern fahren ein paar Kilometer weiter zu einem Campingplatz im Barron Gorge National Park.
10.11. Wir sind allein auf dem kleinen idyllisch in den Bergen liegenden Campground und beschließen, einen Tag Urlaub von der Reise zu machen. Gegen Mittag wandern wir ein Stündchen auf schmalem Pfad durch den Dschungel, kommen auch ohne Regen leicht durchnässt wieder und machen dann weiter Urlaub.
11.11. Wir müssen schon deshalb ein Stück weiter fahren, damit die Kühlbox wieder kühlt. Aber wir wollen auch Neues kennen lernen, z. B. wie und wo in Australien Kaffee angebaut wird. Auf der Kaffeefarm der Jaques Family bei Mareeba erfahren wir, dass deren 50.000 Kaffeesträucher im Oktober blühen und die reifen Beeren im Juli geerntet werden. Im Unterschied zu den Kaffeeanbaugebieten der dritten Welt werden die roten Kaffeebeeren maschinell und auch maschinell weiter verarbeitet - eine interessante Neuigkeit für uns. Von Mareeba fahren wir zum Lake Tinaroo, einem Stausee am Rande des Atherton Tabellands. Zum Baden ist uns wegen aufkommender Blaualgenkonzentration nicht zu Mute, so dass wir den See weitläufig umfahren und dabei am Cathedral Fig Tree vorbei kommen, einer Würgefeige riesigen Ausmaßes. Es gibt sogar einen Zugang in deren gewaltiges Wurzelgeflecht. Zufällig entdecken wir in den Wurzeln eine knapp einen Meter lange Schlange - unsere erste überhaupt in Australien. Möglicherweise ein Kleingeschuppter Taipan? Das wäre dann gleich das giftigste Landtier des Kontinents! Wir schauen uns noch die beiden bekannten Kraterseen, den Lake Barinne und den Lake Eacham an, nehmen ein erfischendes Bad und suchen uns dann unweit der Mallanda Falls ein ruhiges Plätzchen für die Nacht.
12.11. Am Morgen besichtigen wir auf dem Weg nach Atherton erstmal den anderen feigen Riesen der Region, den Curtain Fig Tree. Atherton selbst ist Zentrum einer landwirtschaftlich recht intensiv bewirtschafteten, fruchtbaren Region - für uns jedoch in erster Linie wegen seiner Supermärkte interessant. Das alte Bergarbeiterstädtchen Herberton, das wir als nächstes besuchen, hat zwar ein eigenenes Museumsdorf, macht aber selbst auf uns den Eindruck, als ob hier seit Jahrzehnten die Zeit stehen geblieben wäre. Auf dem Weg nach Ravenshoe wollen wir uns beiläufig den tiefen Krater im Mt Hypipamee National Park anschauen, müssen aber schon mal eine Stunde warten, bis ein kräftiger Regenguss aufhört. Ravenshoe rühmt sich als die höchste Stadt Queenslands und darüber hinaus mit seinem großen Park voller Windräder, für uns aber eher wichtig als Ausgangspunkt zu den Millstream Falls, den breitesten in Queensland. Hier erwischt uns der nächste lang anhaltende Regenguss. Irgendwie muss der Regenwald ja zu seiem Regen kommen, aber wir suchen dann doch das Weite, indem wir auf schnellstem Wege die Berge hinunter bis Innisfail fahren. Inzwischen wird es langsam dunkel und wir müssen uns mit einer erstbesten Notlösung als Platz für die Nacht begnügen.
13.11. Der Rastplatz an der Brücke über den Liverpool Creek war wirklich nicht das Gelbe vom Ei - laut und viele Mücken. Deshalb ziehen wir es vor, unser Frühstück ein paar Kilometer weiter einzunehmen, bevor wir uns dem Städtchen Tully widmen. Das wird dominiert von der großen Zuckerfabrik und ihren dampfenden Schloten und ist ansonsten schon etwas in die Jahre gekommen. Unser eigentliches Ziel ist der Oberlauf des Tully River. An das Rafting, das wir dort vor 14 Jahren machen konnten, denken wir noch mit Begeisterung. Diesmal wollen wir das Ganze nochmal als Zuschauer erleben und sind erfreut, dass wir tatsächlich im dichten Regenwald die Ausgucke auf die spannendsten Passagen finden. Am Nachmittag beziehen wir einen Platz im Tully River National Park, gehen im River schwimmen und lassen es uns ansonsten wohl sein.
14.11. Am Vormittag guckt schon mal ein Sonnenstrahl durch die Wolken, der uns Mut macht, den Tully River hinab zum Meer zu fahren, um uns am Strand zu sonnen. Bald bestätigt sich dieser Irrglaube, weil es immer mehr regnet, je tiefer wir kommen. Vorbei an ausgedehnten, mittlerweile recht gut beregneten Bananenplantagen und Zuckerrohrfeldern kommen wir schließlich ans Meer, nehmen es kurz durch den Regen wahr und fahren zurück in die Berge - diesmal zu den Murray Falls im Girramay National Park. Unsere Rechnung geht sogar auf, dass es dort nicht regnet. Auf dem kurzen Pfad zum laut tosenden Murray Waserfall kehren wir allerdings fix um und holen unsere Regencapes. Es kommt infolge der starken Regenfälle derartig viel Wasser über die Felskante gestürzt, dass begleitet von einem starken Fallwind der dichte Vorhang feinster Wassertröpfchen uns sofort durchnässt hätte. Dieses Musterbeispiel entfesselter Natur beeindruckt uns so sehr, dass uns der später dann doch einsetzende Regen auch nicht mehr stört. Wir bleiben auf dem Campingplatz bei den lauten Murray Falls - trotz lästiger Bremsen und Mücken.
15.11. Wir haben genug vom Rain Forest. Regenwald bei Sonne ist spannend und schön - Regenwald im Regen ist auf Dauer nur etwas für Regenwaldenthusiasten. Das sind wir nicht und fahren früh am Morgen weg von den Murray Falls, deren Tosen wir die ganze Nacht über gehört haben. Der Nieselregen begleitet uns über Cardwell und Ingham hinaus, wir halten nur kurz an, um uns fangfrischen Fisch für den Abend und den dazugehörenden Wein zu kaufen. Auf Townsville zusteuernd kommen wir am Wegweiser zum Campingplatz am Rollingstone Beach vorbei. Das klingt gut. Da fahren wir hin. Und bleiben, denn da scheint tatsächlich die Sonne, während die umliegenden Berge weiter voller dunkler Wolken hängen. Der Fisch will allerdings nicht erst am Abend in die Pfanne, so dass wir seinem Wunsch bald folgen. Dann springen wir in den blitzsauberen Pool und nach einbrechender Dunkelheit machen wir es uns in unserem Vier-Quadratmeter-Wohnzimmer gemütlich.
16.11. Wir bleiben einen Tag länger in der Ruhe und Abgeschiedenheit der Rollingstones. Der Himmel ist bedeckt, vom Meer kommt eine leichte Brise, 30 Grad, oben in den Bergen wird es möglicherweise wieder regnen - gute Gelegenheit, für alle Geburtstagswünsche zu danken. Am Abend gibts den zweiten Fisch.
17.11. Townsville erreichen wir gegen Mittag. Die Stadt ist quasi die Hauptstadt für das nördliche Queensland und hat einen markanten Castle Hill, auf den man hinauf fahren kann. Das machen wir als Erstes und schauen aus luftiger Höhe auf die ausgedehnte Stadt hinunter und hinüber nach Magnetic Island, die grüne, bergige Insel im Pazifik. Dann bummeln wir etwas durch die City und fahren zum Baden an den Strand. Von November bis Mai kommen an der Küste verschiedene recht giftige Nesselquallen (Stinger) vor, ein Kontakt mit ihnen kann sehr schmerzhafte Wunden verursachen - deshalb baden wir natürlich nur an dem mit Netzen abgesicherten Strandabschnitt. Am Nachmittag fahren wir noch ein gutes Stück weiter nach Südosten bis zum Städtchen Home Hill, das den durchreisenden Campern kostenlose Stellplätze anbietet, sogar mit Kochgelegenheit, Dusche und Toilette. Wir sind heftig beeindruckt.
18.11. Noch ein neuer Australieneindruck am frühen Morgen beim Frühstück: ein Wohnmobilist hält neben unserem Troopy, reicht uns einen Beutel mit frischen, herrlichen Mangos rein und fährt weiter. Jetzt sind wir richtig sprachlos, zumal die Mangos im Supermarkt recht teuer sind. Nach kostenloser warmer Dusche, einem Gewitterregen, Aufladung unseres Telstra Broadband Internet Kontos mit 30 $ und Aktualisierung unseres Tagebuchs fahren wir weiter. Ob das richtig war, zweifeln wir später an, weil wir durch eine dichte Gewitterfront fahren, die uns nach Südwesten begleitet. Als wir uns nach 100 km bei Bowen den aktuellen Internet-Wetterradar anschauen, wird uns klar, dass wir die Sache einfach auszusitzen müssen. Bei der Big Mango Tourist Information lassen wir uns deshalb einiges über Touren zu den Whitsunday Inseln erzählen, trinken bei immer noch 28 Grad unseren Nachmittagskaffee und schon hat der Regen aufgehört. Wir fahren dem Regen noch ein Stückchen hinterher in Richtung Airlie Beach und übernachten im Conway Beach Tourist Park.
19.11. Es regnet. Wir frühstücken deshalb bei der Camp Kitchen unterm großen Dach. Dann kocht Kristi eine neue Charge Mango-Jam - Vorrat für mindestens zwei Wochen. Inzwischen ist es fast Mittag. Nicht mal der Regen weiß, was er will, was sollen wir da erst wissen? Die Wettervorhersage ist zumindest bis Sonntag gleichbleibend. Da wir aber nicht tausend Kilometer ins Outback fahren wollen, wo es nicht regnet, fahren wir erstmal um den Conway National Park herum nach Airlie Beach und Shutehaven, um uns die schicken Touristenorte anzusehen. Dort gehen die Ausflugsboote zu den Whitsundays ab. Aber was sollen wir bei diesem Wetter am Whiteheaven Beach? Wir komplettieren lieber beim nächsten Supermarkt unsere Vorräte und fahren mit dem leisen Regen, der mal regnet, mal nicht, weiter nach Südosten. Die Berge rechts von uns hängen voller düsterer Wolken, links zum Meer hin sind die Wolen heller. Also zum Meer. Kristis vorabendliches Ultimatum, die nächste Möglichkeit nach links zu nutzen, erweist sich als Volltreffer: St Helens Beach. Die kleine Ansiedlung bietet einen Campground mit Toilette und Dusche, der solange kostenlos ist, wie keiner kommt, um Geld einzusammeln. Und sogar eine mittelprächtige Internet-Funkverbindung. Und es regnet nicht. Wir sind wiedermal überrascht.
20.11. Es regnet stärker. Bleiben oder fahren? Aline und Nicolas, die mit ihren beiden Söhnchen ihre Abenteuerreise gerade erst vor ein paar Tagen begonnen haben, winken uns durch den Regen zum Abschied zu. Wir hatten uns gestern Abend ziemlich angeregt miteinander unterhalten. Also, dann fahren wir auch. Fahren im Regen ist immer noch interessanter als Bleiben im Regen. Nach dem aktuellen Wetterradar regnet es an der gesamten Ostküste bis hinunter nach Brisbane. In Makay, der Zuckerhauptstadt Australiens, machen wir ein Mittagspäuschen und fahren dann weiter. Ankommen im Regen ist auch nicht so gut wie fahren im Regen, zumindest in unserem Fall. Wir bauen am Carmila Beach fix das Vordach an den Troopy und sitzen die Sache aus in der Hoffnung, dass es morgen schöner wird.
21.11. Es regnet weniger, aber es regnet. Nicht immerzu, aber so oft, dass wir das Geschehen lieber im Auto erleben, als unter grauem, wolkenschweren Himmel an einem einsamen Strand und nassem Sand. Der Bruce Highway zwischen Mackay und Rockhampton ist auch bei Sonnenschein kaum interessanter, also ist es in unserem Fall die beste Sonntagsbeschäftigung im Nieselregen durch die Gegend zu fahren. Vorbei an Marlborough bis zum Rastplatz beim Yaamba-Roadhouse, 20 km vor Rockhampton. Der regennasse kostenlose Platz ist zwar laut, aber bietet uns unter den gegebenen Umständen ebenso viel, wie der regennasse teure Vanpark in der Stadt. Und wir können den ganzen Abend im Internet nachschauen, wo schönes Wetter ist.
22.11. Es regnet nicht, ganz im Widerspruch zu den Prognosen. Es schaut sogar schon mal verschämt die Sonne durch die nicht mehr ganz so grauen Wolken. Wir können also gleich frohen Mutes den Capricorn Scenic Drive fahren, einen 90 km langen Umweg über die Küste. Yeppoon und Emu Park sind sehenswerte Ferien- und Badeorte am Pazifik, die wir vor allem deshalb gern ansehen, weil sie schon öfter mal von der Sonne beschienen werden. Dann Rockhampton, die Beef-Hauptstadt Australiens. In der Region leben angeblich 40 mal mehr Rinder als Menschen. Das riecht man sogar in der Stadt. Rockhampton hatte seine Blüte in den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts. Davon zeugen viele alte aufgestelzte Holzwohnhäuser, aber auch eine Reihe prächtiger Bauten der Fleischbarone. Und eine restaurierte Dampfstraßenbahn, die sogar zu besonderen Anlässen unter Dampf gesetzt und durch die Stadt gefahren wird. Die und andere museale Glanzstücke vergangener australischer Eisenbahnzeit schauen wir uns natürlich an, das sind wir schon der Familientradition schuldig. Schließlich verlassen wir am südlichen Rand der Stadt die Tropen und fahren ab nun durch die Subtropen - wir überqueren erneut den Tropic of Capricorn, diesmal von Nord nach Süd. Auf einem Rastplatz im kleinen Städtchen Mt Larcom richten wir uns am frühen Abend für die Nacht ein. Erst beim Abendessen regnet es wieder.
23.11. Der Regen hat sich am Morgen schon mal kurz in Erinnerung gebracht, ein kleines Wolkenloch haben wir aber auch schon gesehen. Also machen wir uns bald auf, um zu erkunden, ob es in Gladstone bzw. in Bundaberg schöner ist. Gladstone ist einer der wichtigen Kohleexporthäfen und darüber hinaus Standort für die Energie- und Aluminiumerzeugung. Und dennoch ist Gladstone eine saubere, nette Stadt mit herrlichen kleinen Parks - beeindruckend! Aber es ist erst Mittag und wir fahren weiter nach Bundaberg. Die Strecke bietet kaum Highlights, dafür aber Bundaberg selbst. Hier gibt es den nördlichsten ALDI Australiens. Wir fühlen uns wie zu Hause - gleicher Typenbau, gleiche Organisation, gleiche Kassen, an denen man seine gekauften Waren selbst in den Einkaufswagen zurück stellt, ohne Plastiktüte. Und es gibt Nürnberger Lebkuchen! Und Marzipanstollen. Mehr über Bundaberg müssen wir dann morgen erfahren, heute wollen wir nur noch auf einen schönen Campingplatz und mal wieder Wäsche waschen. Und etwas schönes brutzeln.
24.11. Wir bleiben in Bundaberg. Da gibt es beispielsweise die Rum-Destille zu besichtigen - etwas für regnerische Momente, denn das Aprilwetter will nicht von uns lassen. Da es aber am Vormittag gar nicht so übel aussieht, widmen wir uns erstmal den östlich der Stadt gelegenen kleinen Ferienorten an der Küste. Am stürmischen Strand von Elliott Heads schauen wir eine Weile dem beachtlichen Können der Kite Surfer zu und in Coral Cove bestaunen wir die zum Teil recht kühne Architektur der Alterssitze wohlhabender Senioren. Bargara lebt recht gut von seinen Feriengästen, während sich Burnett Heads noch darauf vorbereitet. Allen Orten gemeinsam sind vorbildlich gepflegte kleine Parks mit allen Einrichtungen, die für ein gutes Picknick nötig sind. Am Nachmittag nehmen wir an einer Führung durch die gleich neben der Bundaberger Zuckerfabrik stehende Rumfabrik teil. Bundberg Rum ist überall in Australien ein Begriff. Obwohl wir keine Rum Fans sind, sind wir beeindruckt, wie aus einer nicht sehr vornehm riechenden Melasse ein brauchbares, klares Getränk wird. Dann regnet es mal wieder. Dennoch brechen wir bei Einbruch der Dunkelheit recht mutig, mit allen verfügbaren Regensachen bestückt, zum Sandstrand von Mon Repos auf. Dort kommen ab November in der Dunkelheit Seeschildkröten an Land, um über hundert tischtennisballgroße Eier tief in den Sand zu vergraben. Wir haben doppeltes Glück. Der Mond scheint und mehrere Turtles kommen zum Eierlegen - ein tolles Naturschauspiel.
25.11. Wir haben uns, wenn auch widerwillig, daran gewöhnt, dass wir am Morgen nass werden. Irgendwann fahren wir im Nieselregen los. Zunächst nach Childers, um dort ein herrliches Macadamia-Eis zu essen, und weiter nach Hervey Bay, dem Tor nach Fraser Island. Da kaufen wir uns erstmal für den Abend frischen Fisch, unterhalten uns ein Weilchen mit Enzo, der seit elf Jahren in Australien ist, von seinem Cafe und seiner Kitesurfschule lebt und die deutsche Fahne aufgezogen hat. Wir entschließen uns dann, nicht zuletzt durch Enzos Ermunterung und ein paar zaghafte Sonnenstrahlen, heute noch hinüber nach Fraser Island hinüber zu fahren. Allerdings wussten wir bis halb vier nicht, dass die letzte Fähre von River Heads um 16 Uhr abfährt. Es dauert dann noch etwas, ehe wir die nötigen Permits haben, und bis River Heads sind es nochmal gut 15 km. Auf die letzte Minute erreichen wir die Fähre und lassen uns dann mit dem Troopy eine halbe Stunde lang übers Meer schippern. Für den Abend haben wir uns den ersten Campingplatz in der Mitte der Insel ausgesucht. Mitten im Wald unter hohen Bäumen brutzeln wir unseren Fisch und hoffen auf gutes Wetter.
26.11. Fraser Island ist die größte Sandinsel der Erde. Wer dabei an einen riesigen Sandkasten denkt, der irrt. Die gesamte Insel mit ihren enorm hohen Dünen ist mit dichtem subtropischen Regenwald bedeckt. Zahllose Baumriesen erreichen die Höhe eines zehnstöckigen Hauses. Viele Wege führen kreuz und quer über die Insel, in ständigem Auf und Ab, mal nur Sand, häufig als Rüttelpiste über Baumwurzeln. Sie erinnern uns an märkische oder mecklenburgische Forstwege. Für einen wie mich, der vor genau 50 Jahren bei der Army das Autofahren gelernt hat, mit einem passenden Auto immer ein spannendes Vergnügen. Der Troopy passt bestens. Richtig Spaß macht es dann jedoch, bei Tempo 80 am 130 km langen Sandstrand entlang zu fahren. Das tun wir bis Waddy Point, relativ weit im Norden der Insel, und nutzen dann eine der zahlreichen Campingmöglichkeiten direkt am Strand. Am späten Abend regnet und stürmt es so, dass wir vorgsorglich das Vorzeltdach abbauen.
27.11. Das Tosen der nur 50 Meter entfernten Wellen hat uns durch den unruhigen Schlaf begleitet. Wir sind schon um sechs unterwegs, weil wir die Ebbe ausnützen wollen, um die ersten dreißig Kilometer am hier recht schmalen Strand nach Süden ohne lästige Landumwege zügig durchfahren zu können. Der Tidenhub liegt immerhin bei 1,5 Meter. Bei Sonnenschein wäre das Fahren natürlich ein noch größeres Vergnügen gewesen. Nach dem Frühstück widmen wir uns dann ganz einem Scenic Drive vorbei an drei großen Binnenseen mit glasklaren Wasser, zu denen die Touristenbusse nicht fahren. Gegen Mittag sind wir wieder am Strand, es ist gerade der Wasserhöchststand erreicht, nicht besonders gut zum Fahren. Das von diesem Moment an Schönste ist dafür die Sonne, so dass wir einfach am Strand stehen bleiben, die Stühle hervorholen und fortan einfach die Seele baumeln und alle Schlechtwettererinnerungen aus unseren Köpfen heraus lassen. Bald spannen wir sogar noch das vom Vorabend nasse Zeltdach auf, damit es wieder trocken wird und wir uns nicht das Fell verbrennen - die Sonne steht immerhin fast senkrecht! Gegen Abend fahren wir noch auf dem Strand entlang bis an die Südspitze von Fraser Island und übernachten dort.
28.11. Am Morgen fahren wir mit der Fähre vom Südzipfel der Insel hinüber aufs Festland. Es ist für uns schon ungewöhnlich, direkt vom Sandstrand ohne jegliche Rampe auf die kleine Fähre hinauf und nach zehn Minuten Fahrt auf der anderen Seite wieder direkt in den tiefen Sand hinab zu fahren. Vom Anlandeplatz Inskip Point aus können wir, weil noch Niedrigwasser ist, mit viel Spaß am Strand entlang bis Rainbow Beach düsen. Dort ist der erste Weg zur Tanke, um die Reifen wieder auf normalen Luftdruck aufzufüllen. Für die Zivilisation im gut frequentierten Ferienort haben wir noch gar keinen rechten Nerv. Deshalb fahren wir gleich noch ein Stück bis Gympie, beziehen eine freie Stelle auf einem Rastplatz am Rande der Stadt und widmen uns für den Rest des Tages dem Ersten Advent mit Kaffee, Christstollen und Nürnberger Lebkuchen. Am Abend trinken wir den letzten Wein - morgen gibts neuen.
29.11. Am Morgen bunkern wir erstmal beim ALDI und beim Woolworth, ehe wir uns auf den Weg nach Noosa machen. An der Laguna Bay von Noosa Heads stürzen wir uns erstmal in die Fluten des Pazifik, der hier nur noch 23 Grad warm ist und keine giftigen Quallen mehr für uns parat hat. Am feinsandigen Strand bleiben wir noch ein Weilchen sitzen, bis wir schon bereits nach einer guten halben Stunde meinen, genug Sonne für heute abbekommen zu haben. Dann fahren wir innerhalb des Noosa National Parks hinauf zum Laguna Lookout, von dem wir einen weiten Blick über das verzweigte Wasserlabyrinth des attraktiven Ferienortes Noosa Heads haben. Unseren Nachmittagskaffee genießen wir etwa 15 km südlicher am Coolum Beach, nachdem wir uns unterwegs die dazwischen liegenden netten, kleinen Feriendomizile Sunshine Beach, Sunrise Beach, Marcus Beach und ihre teils prächtigen Ferienhäuser angeschaut haben. Wir beschließen, auf einem ruhigen Parkplatz am Strand für die kommende Nacht zu bleiben.
30.11. Schon ab fünf ist Betrieb auf unserem nächtlichen Parkplatz. Die Hundebesitzer der ganzen Gegend kommen mit ihren Lieblingen zum morgendlichen, lautstarken Spaziergang und anderen Geschäften - sie haben in der Regel nur eine Viertelstunde (so viel Zeit muss sein), aber die einzelnen Parkplätze werden nicht kalt. Wir frühstücken also eher als gewohnt und sind bald auf dem Weg an der Sunshine Coast nach Süden. Die Bebauung wird immer dichter - in den vergangenen zehn Jahren hat sich die Übernachtungskapazität verzwanzigfacht. In Mooloolaba reizt uns die Underwater World - eines der größten Aquarien Australiens. Besonders deshalb, weil wir die Schnorcheltour zum Great Barrier Reef aus gutem Grund ausgelassen hatten. Wir erleben hautnah die bunte Vielfalt des Korallenmeeres mit seinem Artenreichtum, den wir nur von Film bzw. Video kennen. Erst am Nachmittag fahren wir weiter. Einen ruhigen Platz in Strandnähe finden wir allerdings bei dieser Siedlungsdichte nicht mehr, deshalb weichen wir auf einen Rastplatz im Hinterland aus, wo es gegen Abend wieder regnet. Aber daran haben wir uns ja schon gewöhnt.
1.12. Wieder dunkle Wolken am morgendlichen Himmel. Wir fahren nach Bribie Island. Im Süden führt eine Brücke auf die Insel. Ansonsten hat Bribie Island, von dem inzwischen vom Bauboom erfassten Südende abgesehen, viel Ähnlichkeit mit Fraser Island. Auch hier könnte man mit dem Auto am breiten Sandstrand entlang sausen oder sich auf Allradpfaden durch den Wald vorwärts arbeiten. Aber bei diesem grauen Himmel? Da gehen wir nur ein Stündchen am Strand entlang, bis es dann wirklich anfängt zu regnen. Der aktuelle Wetterradar sagt uns, dass es im Umkreis von 200 km überall vom Himmel tropft. Wir beschließen, die Sache auszusitzen. Was sollen wir bei diesem Wetter im nahen Brisbane? Zum Abend gibt es köstliche Shark Flakes, es regnet weiter, der Wein ist ist das einzig Trockene an diesem Abend.
2.12. Es hat nahezu die ganze Nacht hindurch geregnet, am Morgen scheint der himmlische Wasservorrat endlich aufgebraucht zu sein. Mutig fahren wir zum Frühstücken auf die windige Ostseite der Insel, vor allem aber wegen der kalten Duschen, die es am Strand gibt. Frisch geduscht und abgefrühstückt schauen wir zum bedeckten Himmel, der sein dunkles Grau gegen ein helles gewechselt hat, holen die Stühlchen hervor und setzen uns an den Strand und lassen uns vom warmen Seewind umwehen. Woorim, der einzige Wohnort auf der Seeseite von Bribie Island, ist moderat bebaut, hat gepflegte Grünanlagen, es gibt keinen Lärm, keine Hektik und keine Camping-Verbotsschilder. Hier wohnen hauptsächlich Senioren. Wir unterhalten uns kurz mit einem schwäbischen Rentner-Ehepaar, das seit zwanzig Jahren hier wohnt. Der Himmel ist den ganzen Tag über bedeckt. Dennoch merken wir nach zehn Stunden Müßiggang, dass wir genügend UV-Strahlen abbekommen haben. Wir sind halt in Australien. Und bleiben über Nacht auf Bribie Island.
3.12. Keine Wetteränderung in Sicht, aber wenigstens regnet es nicht. Auch nicht in Brisbane, so dass wir uns mitten in der Millionenmetropole einen Parkplatz suchen - nicht ganz einfach, denn Parkhäuser sind ja für uns wegen der Höhe des Troopys tabu. Wir schlendern durch die Queen Street Mall, die Fußgängerzone im Herzen der City, schauen mal in das Myer Centre rein, einen altehrwürdigen Shopping-Komplex, hören eine Weile einem Damenchor zu, der Weihnachtslieder singt und fahren schließlich über die alte Story Bridge auf die andere Seite des Brisbane River. Dort finden wir ohne Schwierigkeiten die River Terrace hoch über dem Fluss, von wo aus wir einen tollen Panoramablick über die Skyline von Brisbane haben. Einen Campingplatz zu finden, gestaltet sich dagegen etwas schwieriger, so dass wir uns am Ende für einen Parkplatz in einem State Forrest im Nordwesten der Stadt entscheiden.

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© Horst Uhlemann