Australien 2010
Reisetagebuch / Teil 7

Darwin - Cairns

Die zweite Hälfte des Savannah Ways führt überwiegend als rauhe Piste von Katherine in der Mitte der Northern Territories bis an die australische Ostküste im Norden von Queensland. Hier ist die A1, die im Süden auch schon mal eine breite Autobahn ist, eine Gravel Road. Solange die Regenzeit nicht begonnen hat, ist das eine willkommene Alternative für Allradfahrer im Vergleich zum asphaltierten Barkley Highway.

27.10. Die Nächte sind in Darwin fast so warm wie die Tage. Da macht es keinen Unterschied, ob unser Schlafwagen auf dem Campingplatz steht oder ohne Räder unterm Hallendach von Andrews Werkstatt. Im Gegenteil, wir hatten sogar einen großen Ventilator, der die warme Luft in Bewegung brachte und uns eine gewisse Kühle vorgaukelte. Als Andrew wieder mit Schrauben beginnt, waren wir längst mit dem Frühstück fertig, und als er damit aufhört, ist es Mittag. Und wir haben wieder ein zuverlässig rollendes Auto. In dem Moment, als wir zum Tanken und Einkaufen losfahren, geht ein heftiger Schauer nieder - Vorbote der bald beginnenden Regenzeit? In der heutigen Zeitung haben wir gelesen, dass die Sommerstürme, die sich in dieser Region schon schnell mal zum zerstörerischen Zyklon entwickeln, in diesem Jahr eventuell schon Ende Oktober beginnen sollen. Heitere Aussichten. Auf dem Weg südwärts über Berry Springs zum Litchfield National Park scheint aber längst wieder die Sonne. Am Nachmittag erreichen wir die Wangi Falls, sehr eindrucksvolle Wasserfälle, und springen zur Abkühlung gleich in deren große natürliche Badewanne. Später beziehen wir den benachbarten Campground und bauen vorsorglich das Vorzelt an. Die aufziehenden dunklen Wolken lassen uns auch nicht lange im Unklaren, sondern regnen sich zwei Stunden lang über uns ab. Die abendliche Kochshow findet dieses Mal unterm Vorzelt statt. Infolge der sauber gewaschenen Luft und einer gewissen Abkühlung schlafen wir endlich mal, ohne nachts vor uns hin zu schwitzen.
28.10. Am Morgen gehen wir gleich eine Runde schwimmen, ehe wir uns auf den interessanten Rundweg um das obere Ende der Wangi Falls begeben. Zurück von der halbstündigen Wanderung, liegen wir gleich wieder zur relativen Abkühlung im großen Rock Pool. Das Wasser ist schätzungsweise 28 Grad warm, die Luft aber schon wieder 35 Grad heiß. Im klimatisierten Troopy geht es dann weiter zu den anderen Wasserfällen des Litchfield NP, zunächst auf kurzer Allradpiste mit vielen großen Pfützen zum Sandy Creek. Um zu dessen schönen Wasserfall zu kommen, müssen wir erstmal zwei Kilometer über Stock und Stein laufen. Klar, dass wir uns dort gleich in dessen Felsenpool legen. Dabei beobachten wir im klaren Wasser eine Menge Fische, die größten hätten wir gern für die abendliche Pfanne gefangen. Die nächsten Wasserfälle, die Tolmer Falls, können wir uns leider nur von einer Aussichtsplattform anschauen, dafür liegen wir aber schon bald wieder in den Buley Rockholes, wo der Florence River über kleine Felskaskaden fällt und eine Reihe netter Badepools geschaffen hat. Schließlich schauen wir uns noch die Florence Falls an, ebenfalls von einer Aussichtsplattform, und fahren ein Stück zurück zum Campground bei den Buley Rockholes. Hier erleben wir das gleiche Szenario wie am Vorabend - diesmal ist es aber kein Landregen, sondern ein ausgewachsenes Gewitter. Das Wasser, das allein vom Vorzelt herunterströmt, ersetzt die Campingdusche. Nachts haben wir wieder schöne frische Luft.
29.10. Am Morgen ist der Himmel noch bedeckt. Der eigene Körper sollte bei diesem Anblick signalisieren: kühl, frieren. Er meldet aber: heiß, schwitzen. Also springen wir nochmal in die Buley Pools und machen uns dann erfischt auf den langen Weg nach Süden. In Katherine treffen wir wieder auf den Savannah Way, der bis Mataranka identisch mit dem Stuart Highway ist. In Mataranka legen wir uns zunächst ins warme glasklare, aber etwas anrüchige Wasser der Bitter Springs Thermal Pools und beziehen schließlich Quartier auf einem Campground im Elsey National Park. Aus der Rückschau auf den Abstecher zum australischen Top End um Darwin mit den beiden großen Nationalparks stellen wir fest, dass abgesehen von den interessanten Felszeichnungen im Kakadu Park der Litchfield Park der landschaftlich viel schönere ist und uns viel mehr gegeben hat.
30.10. Es war eine unangenehme Nacht - kein Lüftchen, schwül, Mücken. Der erlösende Regen kam erst gegen drei Uhr in der Nacht, aber mit angeblich 100mm gleich so heftig, dass noch am Morgen viele Flächen unter Wasser stehen. Der aktuelle Road Report der Northern Territories von heute früh weist zwar die Nathan River Road, die wir ab Rooper Bar als Gravel Road fahren würden, noch nicht als gesperrt aus, aber wer weiß, ob dort heute früh schon mal jemand entlang gefahren ist und einen tatsächlichen Report abgegeben hat. Die Polizei von Mataranka rät uns jedenfalls ab. Wir werden also sicherheitshalber wieder mal die Alternativroute des Savannah Way, den asphaltierten Carpentaria Highway, bis Borroloola fahren und dann weiter sehen. Das sind schon mal fix 550 km, für heute etwas zu viel. Denn wir machen noch Pause bei der ehemaligen Elsey Farm, über die Jeannie Gunn ihren verfilmten Erlebnisbericht *We of the Never Never* geschrieben hat. Und wir machen auf der ansonsten langweiligen Fahrt noch einen Halt in Daly Waters, wo noch bis 1965 die meisten nationalen und internationalen Flieger einen Tankstop einlegen mussten. Auf der als Carpentaria Highway geführten, uns sehr vertrauten A1, kommen uns auf einer Länge von 200 km gerade mal zehn Fahrzeuge entgegen - da reicht eine einspurige Fahrbahn. Wir sind im Never Never und übernachten ein ganzes Stück vor Borroloola auf einem Rastplatz am Highway.
31.10. Borroloola ist das nordöstliche Zentrum der Northern Territories und an sich wohl auch Verwaltungszentrum für die gesamte Region. Bevor wir die letzten Kilometer bis zu dieser Metropole fahren, wandern wir noch etwas zwischen vielen Felsentürmen im recht interessanten Caranbirini Conservation Reserve herum und überlegen, welche der Supermarktketten wir in Borroloola bevorzugen sollten. Die Stadt ist nicht nur eine Ernüchterung, sondern eigentlich schon ein Witz. Von zwei Tankstellen sind zwei geschlossen (Sonntag!) und die dritte hat gleich die Preise hochgeschraubt. Der schäbige Verkaufsschuppen, an dem Supermarkt dran steht, hat auch zu. Es gibt noch ein kleines Museum, eine Polizeistation und einige eingezäunte Wellblechhallen. Da wir außer Diesel und Internet nichts brauchen, lachen wir nur über unseren Irrtum und fahren schnell weiter. Scheinbar hat es hier nicht so viel geregnet wie befürchtet, so dass wir uns guter Dinge in das Abenteuer Savannah Way stürzen. Aber auch da sind wir bald beruhigt, die Piste lässt sich hervorragend fahren und die Flussdurchfahrten sind sehr moderat. Wir fahren noch die 250 km bis zur Grenze nach Queensland. Bis Hells Gate wollen wir nicht mehr fahren (wer weiß, was bei diesem Namen dort alles passiert) und übernachten lieber ruhig und einsam im Busch.
1.11. Die Nacht war angenehm kühl. Wir stellen unsere Uhren eine halbe Stunde vor auf Eastern Standard Time (AEST) und haben damit neu Stunden Vorsprung vor der deutschen Winterzeit. Wir mögen gar nicht lange daran denken, wieviel Taschentücher wir inzwischen zu Hause verbraucht hätten, sondern düsen weiter über den queensländischen Teil des Savannah Way, der bis auf die ersten Kilometer ebenfalls in vorzüglichem Zustand ist. Von Abenteuer keine Spur, nur ein Musterbeispiel für grenzenlose Weite und Einsmakeit. Wenn uns pro Stunde tatsächlich mal ein Auto entgegen kommt, schrecken wir förmlich zusammen. Gegen Mittag kommen wir nach Burketown, essen die drei letzten süßen Mangos aus Darwin auf und schauen nebenbei nach elektrischer Post. Nach Burketown geht es fast ausschließlich durch Grassavanne - daher also der Marketingname *Savannah Way*. Die Piste ist nun stellenweise etwas von früheren Regenfällen aufgeweicht, schließlich sogar asphaltiert. Nach 450 km Tagesritt bleiben wir 10 km vor Normanton über Nacht im Busch - schließlich fahren wir einen Bushcamper.
2.11. Der morgendliche Einkauf in Normanton gestaltet sich komplizierter als gedacht, weil Normanton kleiner ist als gedacht. Im angeblichen Supermarket gibt es alles andere als das, was wir brauchen, und in der Bakery gibts nur weiche Brötchen für 1 $ das Stück. Aber Normanton hat den Gulflander, der wie großes Blechspielzeug aussieht, und Krys, die Nachbildung des größten jemals in Australien gefangenen Krokodils. Nach dem obligatorischen Tanken fahren wir heute nur die Kurzstrecke nach Karumba, dem einzigen Strand am weiten Gulf of Carpentaria. Auf einem der drei Campingplätze des von Anglern frequentierten Ferienortes wir erstmal wieder große Wäsche, gehen dann noch ein Stück am unspektakulären Strand entlang und kaufen uns ein Barramundifilet für das Abendessen..
3.11. Wir wollen weiter auf dem Savannah Way nach Osten. Obwohl alles auf Regen hindeutet, entscheiden wir uns dennoch für die Burke Developmental Road, die Alternative des Savannah Ways über Chillagoe. 540 km Sand- und Schotterpiste, ohne eine Ansiedlung, ohne eine Tankstelle. Höchstens mal eine Zufahrt zu einem entfernten Homestead, wie hier die Farmen heißen. Wir entscheiden uns bewusst für das Abenteuer, das wir auf der Gibb River Road und dem bisherigen Savannah Way vermisst haben. Und wir bekommen es. Die ersten 150 km regnet es, die Piste wird mehr und mehr zur Rutschbahn - wie auf Schmierseife oder glattem Schnee. Aber dafür ist der Troopy ja auch gemacht und er steckt alles brav weg. Nach insgesamt 400 km machen wir Schluss für heute und richten uns beim Lynd River mit Vorzelt und Campingdusche für die Nacht ein. Nur ein Auto kommt zufällig noch vorbei, dann ist herrliche Ruhe.
4.11. Am Morgen scheint wieder die Sonne, als wäre nichts gewesen. Da wir die nördliche Alternativroute zum Savannah Way auch deshalb gewählt haben, um auf relativ kurzem Weg in die Nähe des Lakefield National Parks zu kommen, hatten wir gestern vergeblich versucht, vom nördlichsten Punkt der Burke Develomental Road nordostwärts zu fahren - die Piste, die das ermöglicht hätte, war schon grasbewachsen und der zugehörige Wegweiser war abgeschraubt. Das war uns dann doch zu unsicher. Wir fahren heute also erstmal ein Stück weiter und nehmen die nächst mögliche, ausgeschilderte Piste nordwärts, die uns landschaftlich für alles entschädigt, was wir lange vermisst haben. Auf teils breiter, teils waldwegschmaler Gravel Road kurven wir durch hügelige Landschaft, müssen unzählige Farmtore aufmachen und hinter uns wieder verschließen und queren eine Menge Bäche, die zum Glück nur ganz wenig Wasser führen. Nach knapp 250 km Piste kommen wir nach Laura und machen ein Päuschen. Über uns in den Mangobäumen kreischen laut die Papageien. Inzwischen ist der Himmel bedeckt - bei 35 Grad. Wir fahren noch ein Stück in den Südzipfel des Lakefield National Parks hinein, der wegen seiner Lagunen bedeutsam ist, die nach den jährlichen Überschwemmungen übrig bleiben. Von den verschiedenen Bushcamps des Parks entscheiden wir uns für den beim Six Mile Waterhole - das ist allerdings völlig ausgetrocknet. Dafür gibt es aber auch keine Mücken.
5.11. Wir sind ganz allein auf weiter Flur und lassen uns viel Zeit, bis wir aufbrechen. Wir wollen nicht noch mehr trockene Lagunen, sondern lieber nach Cooktown fahren. Beim Parkausgang biegen wir doch noch zum Emma Lake ab - er ist voll Wasser mit allerhand Wasservögeln am Ufersaum! Aber wir haben uns entschieden und werden von der herrlichen Berglandschaft der Battle Camp Range überrascht, die Teil der Great Dividing Range ist, die im Osten Australiens den Kontinent von Nord nach Süd durchzieht. Jenseits der Berge treffen wir auf üppig grüne Wiesen und dichten grünen Wald - eine Augenweide. Gegen Mittag treffen wir in Cooktown ein, dem nordöstlichen Punkt unserer Reiseroute, und füllen in der Kleinstadt erstmal unsere Vorräte mit dem Nötigsten auf. Dann fahren wir hinauf zum Grassy Hill mit dem kleinen alten Leuchtturm und genießen die Aussicht und unseren täglichen Nachmittagskaffee. Dabei entscheiden wir uns zu bleiben und gehen auf einen der Campingplätze. Zum Abendessen gibt es in Butter gebratene Riesengarnelen und eisgekühlten Traminer-Riesling.
6.11. Ab heute brauchen wir keine Sorge mehr zu haben, dass uns die nahe Regenzeit einen Strich durch unsere geplante Reiseroute macht. Wir können jetzt alles ruhiger angehen. Heute steht mit dem Bloomfield Track entlang der Küste nach Süden noch einmal eine Herausforderung für den Troopy an - weniger die relativ flachen Wasserdurchfahrten, sondern vielmehr steile Auf- und Abfahrten mitten durch den tropischen Regenwald. Es wird für uns und den Troopy ein Vergnügen. Sattes Grün und dichter Dschungel links und rechts - eine völlig andere Natur nach Busch- und Baumsavanne. Wir sind begeistert. Beim Cape Tribulation, das einst von James Cook benannt wurde (Kap der Schwierigkeiten), kommt für uns die Ernüchterung - die Camps am Cape Tribulation sind voll und im gleichnamigen Nationalpark ist Camping ansonsten nicht gestattet. Wir überbrücken die Zeit bis zur Dämmerung, indem wir uns aufmerksam umschauen, was wir hier vor 14 Jahren schon gesehen oder nicht gesehen haben, und suchen uns schließlich am Ende einer in die Berge führenden Sackgasse ein ruhiges Fleckchen.
7.11. Nach ungestörter Nacht sind wir schon zeitig auf den Beinen, um über die neuen interessanten Laufstege durch die Schwemmlandzone zwischen Meer und Regenwald zu wandern. Diese und viele andere Anlagen gab es noch nicht, als wir vor langer Zeit schon mal hier waren. Die Zufahrt zum Cape von Süden her ist nun asphaltiert, eine Reihe neuer Ferien-Resorts sind hinzu gekommen und damit auch eine Menge Touristen. So viele Menschen sind wir schon gar nicht mehr gewöhnt. Als wir am frühen Nachmittag nach der Fährfahrt über den Daintree River die gerühmte Mossman Gorge besuchen, sind wir wieder mitten im Touristengewimmel, das sich erst auf einem längeren Rundwanderweg durch den Regenwald verliert. Für die Nacht entscheiden wir uns für den Campingplatz in Mossman, der für uns sogar ein 50-Meter-Schwimmbecken parat hat.
8.11. Mossman ist umgeben von Zuckerrohr - soweit das Auge reicht. Wir wissen natürlich, dass sich das so noch recht weit nach Süden fortsetzt, aber Mossman ist mit seiner Sugar Mill schon eines der Zuckerzentren. Der Weg nach Port Douglas ist nicht weit. Wir sind erstaunt, wie sich der touristisch geprägte Ort in über einem Jahrzehnt gemausert hat. Bei unserem damaligen Besuch waren wir etwas verärgert weg gefahren, jetzt sind wir begeistert. Wir haben eigentlich nur das abgegrenzte Schwimmbecken im Meer wieder erkannt. Natürlich gehen wir dort baden. Am Nachmittag machen wir am Rande der Stadt noch eine Kaffeepause und fahren schließlich weiter nach Süden. Auf dem Campingplatz Lake Placid kurz vor Cairns nehmen wir Quartier für die Nach und legen noch einen netten Red Snapper in die Bratpfanne, bevor wir uns zur Ruhe begeben.
9.11. Am späten Vormittag fahren wir die paar Kilometer nach Cairns hinein und suchen zunächst die beiden Hotels, in denen wir vor 14 Jahren übernachtet haben. Es ist eher Zufall, dass wir das All Seasons weit am südlichen Stadtrand finden - es ist etwas in die Jahre gekommen. Das Hides im Stadtzentrum finden wir schnell, es ist lediglich mit allerhand Schnickschnack-Läden unterfüttert, ansonsten ist es das uralte Cityhotel geblieben. Im Gegensatz zu Port Douglas, das in unserer Gunst enorm gestiegen ist, finden wir in Cairns nicht viel Neues bzw. Aufregendes. Es ist einfach touristisch überladen und um diese Zeit fehlt die Zielgruppe. Wir machen uns bald am Nachmittag auf den Weg aus der Stadt heraus nach Kuranda, aber das gehört schon zu unserer nächsten Reiseetappe.

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© Horst Uhlemann