Australien 2010
Reisetagebuch / Teil 10

Sydney - Melbourne

Nach den vielen Feiertagen zum Ende des Jahres 2010 gehen wir die letzte Etappe unserer Australien-Rundreise an, die uns an der australischen Südwest- und Südküste entlang zu unserem Ausgangspunkt zurück führt, der zweitgrößten australischen Metropole.
Jetzt ist im Süden Australiens Sommer und wir hoffen zum Abschluss nochmal auf sonnige Tage.

1.1. Während wir in Sydney das neue Jahr unbeschwert bei herrlichem Sommerwetter mit blauem Himmel und Temperaturen um die 29 Grad beginnen, sind weite Teile von Queensland, die wir im November durchfahren haben, überschwemmt. Städte wie Rockhampton und Bundaberg stehen unter Wasser. Für die Westküste ist gerade eine Zyklonwarnung aufgehoben worden. Das Wetter spielt weiter verrückt. Wir bleiben heute noch in Sydney und genießen den Sommer.
2.1. Am Vormittag zeigt uns Jörg bei einer improvisierten Troopy-Stadtrundfahrt die schönsten Ecken und Wohnbezirke der südöstlichen Vororte Sydneys. Am total vollen Bondi Beach fahren wir nur vorbei - einmal gesehen reicht. Schließlich verabschieden wir uns von Jörg bei den Moore Park Gardens - er bleibt noch vier Tage bei Freunden - und fahren in südlicher Richtung aus Sydney heraus, geradewegs in den Royal National Park hinein. Damit verschwindet auch die Sonne. Tief hängende Wolken ziehen heran und geben der kurvenreichen Fahrt durch den dichten Waldbestand des Parks eine ganz eigene Atmosphäre. Wir nehmen am südlichen Ende des Nationalparks die weiter führende Küstenstraße, an einer spannenden Steilküste entlang. Schließlich entscheiden wir uns auf einem ruhigen Parkplatz beim kleinen Örtchen Austimner zum Bleiben. Es fängt leise an zu regnen.
3.1. Schönes Wetter ist anders. Es ist zwar nicht direkt kalt, aber windig und etwas regnerisch. Wir fahren den Grand Pacific Drive an der Küste entlang weiter nach Süden. Nach Wollongong mit seinem großen Stahlwerk wird die Küstenstraße sehr abwechslungsreich und interessant, vor allem aber sehr belebt. Die Leute haben heute noch frei. Das ist immer so, wenn ein Feiertag, wie der Neujahrstag, auf ein Wochenende fällt - da werden die Deutschen immer recht neidisch. Außerdem ist Ferienzeit. Die Ferienorte an der South Coast von New South Wales sind rammelvoll, besonders um die Jervis Bay. Parkplätze sind Mangelware, trotz des unfreundlichen Wetters. Schließlich finden wir am Strand von St Georges Basin, einem Binnensee, einen kleinen Parkplatz, der uns genügend Ruhe für den Abend und die Nacht verspricht.
4.1. Früh um sechs wecken uns die vielen Angler, die mit ihren Bootshängern anrücken, ihre Boote ins Wasser setzen, neben uns ihre Autos parken und mit ihren Booten zum Angeln abbrausen. Munter, wie wir nun sind, fahren wir bald los - wir wollen der australischen Hauptstadt Canberra unsere Referenz erweisen. Von Sydney kommend, wären wir auf breiter Autobahn gefahren, von Jervis Bay kommend, fahren wir eine gehörige Strecke auf Schotterpiste zur Hauptstadt in den Bergen! Dafür aber ziemlich allein und durch herrlichen Wald. Canberra sieht man auf Schritt und Tritt an, dass es eine Kompromisslösung ist, die auf dem Reissbrett entstanden ist, weil sich Sydney und Melbourne nicht einigen konnten. Die Architektur ist schon sehr interessant, aber die ungepflegten Anlagen versetzen uns doch einen Dämfer - jeder kleine Ort an der Küste wäre in dieser Hinsicht ein Musterbeispiel. Gut - wir waren in der Hauptstadt. Auf dem Weg zurück zur Küste entscheiden wir uns für einen netten Rastplatz auf halbem Wege.
5.1. Wir fahren wieder hinunter an die Küste. Gleich etwas weiter südlich, als wir sie verlassen haben. Batemans Bay bietet uns einen diffusen Sonnenschein an, der nicht gleich den totalen Sonnenschutz erfordert. Wir bleiben, setzen uns an den Strand, schauen uns dann noch im expandierenden Ferienort um und suchen uns dabei ein ruhiges Plätzchen am Ortsrand für die Nacht. Am Abend verdichten sich die Wolken, es blitzt und donnert. Der spätere Regen trommelt uns in den Schlaf.
6.1. Das Wetter ist unentschlossen. Im Laufe des Vormittages entscheidet es sich, den freundlichen Prognosen des amtlichen Wetterberichtes zu folgen. Wir folgen indessen den Wolkenlöchern, machen einen kurzen Halt im alten Goldgräberdorf Mogo mit seinen lustigen Boutiquen und finden schließlich ein großes Wolkenloch im kleinen Badeort Broulee. Endlich mal wieder Strandwetter, während sich an den umliegenden Bergen den ganzen Tag über dunkle Wolken stauen. Die australische Sonne gestattet aber auch bei einer Beschichtung mit Faktor 30+ nur schadlose Bestrahlungsdauer von zwei Stunden, so dass wir bald dem Treiben lieber von einem erhöhten schattigen Plätzchen aus zuschauen. Und da bleiben wir dann auch gleich die Nacht über.
7.1. Wir werden von der Sonne geweckt. Eigentlich könnten wir bleiben, aber dann entgehen uns andere schöne Flecken. Zum Beispiel Congo. Nicht das in Afrika, sondern ein schöner, naturbelassener kleiner Campingplatz im Eurobodalla National Park. Der ist aber leider voll, sonst wären wir da geblieben. Es ist halt Ferienzeit und da ist halb Australien in Bewegung. Etwas weiter auf einer Landspitze liegt Tuross Head. Der dortige Caravanpark ist auch voll, aber den brauchen wir gar nicht, sondern nur ein weitgehend leeres Stück Strand und Sonne. Und beides bekommen wir gratis. Wir machen also nochmal Strandurlaub, schauen den Surfern zu, die geduldig auf die passende Welle warten, werfen uns auch selbst mal in die Brandung und lassen ansonsten unsere Gedanken kreisen. Vor genau vier Monaten sind wir in Melbourne die ersten Kilometer mit dem Troopy gefahren, inzwischen sind es knapp 24.000 geworden. Was wir in der Zeit alles gesehen und erlebt haben!
8.1. Es ist immer eine Genugtuung, wenn sich schlechte Wetterprognosen nicht bewahrheiten. Mit derartiger Genugtuung beschließen wir beim Frühstück, in Turros Head zu bleiben und unseren gestrigen Platz am Strand wieder einzunehmen. Müßiggang den ganzen Tag über - das kann ganz schön anstrengen. Sind wir halt nicht gewöhnt. Und Müßiggang macht müde. Wir bleiben also auch über Nacht auf dem Parkplatz am Strand.
9.1. Das angedrohte Wetter hatte nur Verspätung. Wir steigen am Morgen gerade noch trockenen Fußes in den Troppy, um etwas weiter nach Süden zu fahren, da ist der Regen da. Etwas fahren müssen wir ohnehin, damit die Batterie für die Kühlbox wieder aufgeladen wird. Also versuchen wir einen Wettlauf mit den von Norden heranziehenden Regenwolken. Das klappt sogar schon, als wir durch das liebliche Bergland um Bega fahren, das uns an das deutsche Voralpenland erinnert. Unser Vorsprung ist aber immer nur recht knapp - so lange, bis sich die Regenwolken erstmal etwas mit den Snowie Mountains beschäftigen und wir, wieder an der Küste, am Strand von Merimbula sogar noch ein Wolkenloch finden. Das reicht zum Baden und für ein spätes Mittagsschläfchen am Strand. Am Nachmittag bekommt aber auch der quirlige Ferienort Merimbula seine Wolken und bald seinen Regen. Wir sind froh, dass wir nicht wie früher den Regen im Zelt aussitzen müssen, sondern ein Dach überm Kopf haben.
10.1. Das Trommeln der Regentropfen hört am Morgen auf und es zeigt sich bald ein heiterer Streifen am Himmel, der uns zu einem windigen Strandspaziergang motiviert. Zum Baden im Meer bei 19 Grad Wassertemperatur haben wir keine Lust, die kalte Dusche am Morgen hat gereicht. Bevor schließlich der Himmel wieder ganz düster wird, fahren wir nach Eden. Nicht nur des netten Namens wegen, sondern weil Eden auch den größten Fischereihafen von NSW haben soll. Der Hafen stellt sich als vergleichsweise klein heraus, aber wir können wieder fangfrischen Fisch kaufen. Besonders schön finden wir, dass uns die moderate Aufheiterung des Himmels gefolgt ist. Wir dürfen so noch eine lange Weile das Treiben im und um den Hafen verfolgen, ehe auch hier der Regen ankommt. Jenseits von Eden haben wir nochmal Glück und können in einem Naturreservat durch einen wahren Märchenwald fahren und eine kleine Wanderung machen. Beim auserwählten Rastplatz schüttet es dann wieder vom Himmel, aber da haben wir schon unseren Fisch verspeist und sitzen im Trockenen.
11.1. Von netten Rastplatz am Highway sind es nur ein paar Kilometer bis zur Grenze von Victoria. Wir gönnen uns noch einen Abstecher weiter nach Süden zum noblen kleinen Ferienort Gipsy Point und nach Mallacoota, einer angesagten Ferienadresse an der australischen Südküste, der East Gippsland Region. Danach geht es auf dem Highway 1 durch dichte, ausgedehnte Eukalyptuswälder nur noch nach Westen. Einen weiteren Abstecher machen wir noch zum Cape Conran und wählen für die Nacht einen Rastplatz am Snowy River. Melbourne ist lediglich noch 500 km entfernt.
12.1. Über Orbost, Lakes Entrance und Bairnsdale kommen wir auf der A1 zum kleinen Ort Stratford-on-Avon. Das klingt nicht nur nach Shakespeare, es gibt hier außer dem zum Original gleichnamigen River sogar auch ein Shakespeare Festival. Sicher kein so großes, wie in Old England. Und auch nicht zu unserer Zeit. Der Regen, der uns inzwischen wieder erreicht hat, würde auch nicht dazu passen. In Sale nutzen wir die Regenzeit, um kontrollieren zu lassen, ob die Reifen vom Troopy noch rund laufen. Schließlich haben wir sie ja ganz schön strapaziert. Jetzt tun sie es wieder. Wir entdecken am Rande der Stadt einen sehr schönen Park, in dem wir gut parken können. Hoffentlich auch über Nacht. Zum Abendessen gibt es Duck Fish und Shark Elephant - noch nie vorher gehört, geschweige denn gegessen. Sehr lecker!
13.1. Auf dem Gippsland Highway fahren wir nach Südwesten. Zunächst nach Port Albert, einem durch verschiedene vorgelagerte Inseln geschützen kleinen Hafen mit fast spiegelglatter Wasserfläche, dann weiter in Richtung Wilsons Promontory National Park, dessen Südspitze den südlichsten Punkt des australischen Festlandes markiert. Unterwegs sehen wir schon, wie sich die Regenwolken an der Gebirgskette des Parks festhängen und abregnen - dann eben nicht Wilsons Prom. Lieber holen wir noch etwas weiter nach Westen aus und fahren zum Cape Liptrap Coastal Park. Dort soll es einen kostenlosen, recht urwüchsigen Campground geben. Und den gibt es tatsächlich. Die einzelnen, voneinander gut abgeschirmten Campsites sind gut gefüllt, aber wir finden noch eine recht ansprechende. Später hätten wir nicht kommen dürfen.
14.1. Am Morgen weckt uns der Gesang eines Amselmannes - ein richtig schwarzer mit gelbem Schnabel. Wir sind total überrascht über die heimatlichen Klänge. Irgendwann verstummt er - es fängt an zu regnen. Also auch heute keine Wilsons Proms. Wenn wir dem aktuellen Wetterbericht glauben, wäre das der letzte Regen, den wir in Australien erleben. Wer weiß? Wir fahren erstmal durch dicken Regen weiter in Richtung Phillip Island. In San Remo, vor der Brücke zur Insel, machen wir eine lange hoffnungsvolle Pause, bevor wir mit europäischer Gutgläubigkeit im Regen nach Phillip Island hinüberfahren. Keine zehn Minuten später blendet uns der erste Sonnenstrahl und kurz darauf haben wir bestes Sommerwetter. Phillip Islands Attraktion ist die abendliche Penguin Parade. Da kommen Hunderte von Zwergpinguinen über den Sandstrand zu ihren Bruthöhlen weiter oben im sandigen Berghang gewatschelt, um ihre Jungen zu fütteren. Wir schauen uns die Szenerie ohne Pinguine an, verzichten auf das abendliche Schauspiel und fahren zur Felsgruppe der Nobbies. Dort können wir in Ruhe einen fast ausgewachsenen Jungpinguin fotografieren, was bei der abendlichen Show streng verboten gewesen wäre.
15.1. Die Nacht haben wir auf einem ruhigen Campground im Bass Valley verbracht und fahren nun auf dem Gippsland Highway nach Melbourne - zunächst halten wir Ausschau nach einem Caravanpark für unsere letzte Übernachtung am Montag, fahren dann beim Self Storage in Dandenong vorbei, um uns die Platzreservierung für den Troopy bestätigen zu lassen, und suchen uns schließlich einen Parkplatz im Stadtteil Caulfield. Von dort können wir recht bequem mit der Metro in die City fahren. Dort fahren wir erst ein Stück mit dem kostenlosen, aber sehr vollen Shuttle-Bus durch die Stadt, steigen dann aber bei der National Gallery of Victoria aus und widmen unsere Zeit der sehr interessanten Gemäldegalerie. Am Nachmittag fahren wir hinauf zum 88. Stock des Eureka Towers. Dort haben wir eine prächtige Aussicht auf ganz Melbourne, die umliegenden Berge und das Meer. Damit geht unsere Melbourne Visite für heute zu Ende - wir müssen noch ein gehöriges Stück fahren bis zu unserem auserwählten Campground in den Bergen östlich von Melbourne.
16.1. Heute wollen wir einen letzten sommerlichen Ausflug in die Weinregion des Yarra Valley unternehmen. Von unserem Campground im Kurth Kiln Forrest ist das nicht mehr weit, so dass wir gemütlich das Dreieck zwischen Warburton, Healesville und Coldstream abfahren und uns dabei diese und jene Weinprobe gönnen können. Nach vier Weinproben lassen wir vorsichtigerweise die weiteren Wine Estates links liegen und kommen am späten Nachmittag wieder zum gestrigen Camp im Wald von Kurth Kiln.
17.1. Ein paar Regenspritzer am Morgen wollen extra für uns nochmal an die hinter uns liegende Regenzeit erinnern. Mit 15 Grad Nachttemperatur ist es auch verhältnismäßig kühl - wohl auch eine Erinnerung an den Beginn unserer Reise vor über vier Monaten? Wir fahren gemächlich mit angeheiztem Auto durch die Dandenongs, das Bergland nordöstlich von Melbourne, und nehmen schon mal Abschied von den herrlichen weiten Wäldern mit ihren riesengroßen Bäumen und der sommerlich grünen Landschaft. Langsam nähern wir uns dem letzten Ziel vor unserem morgigen Abflug, dem Dandenong Tourist Park. Der Rest des Tages geht drauf mit Waschen, Räumen und Packen.
18.1. Victoria will uns den Abschied leicht machen. Entgegen der recht sonnigen Aussichten für diesen letzten Tag Down Under ist es kalt (hochsommerliche 16 Grad!), dunkle Wolken bedecken den Himmel und es kommen auch mal ein paar Regentropfen. Gegen Mittag stellen wir den Troopy in Dandenong wieder hinter Schloss und Riegel, lassen uns zum nächsten Bahnhof chauffieren und nehmen die Metro in die Melbourner City. Bei Southern Cross, wo wir am Abend mit dem Bus zum Flughafen fahren wollen, schließen wir unser Gepäck ein und begeben uns auf eine Abschiedsrunde durch die Melbourner City. Um acht abends fahren wir schließlich mit dem Skybus zum Melbourner Internationalen Flughafen. Kurz vor Mitternacht starten wir mit Qatar Airways nach Doha. Von dort wird es morgen über Istanbul nach Berlin weiter gehen.

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© Horst Uhlemann