Südafrika 2000 (Teil II)
Kapstadt und Umgebung

Kapstadt
Um es vorweg zu nehmen: so ganz neu war Kapstadt für uns nicht, wir waren im Anschluss an unsere Namibia-Reise vor zwei Jahren schon mal dort, für zwei Tage. Dabei hatten wir so viel bzw. so wenig gesehen, dass uns klar war, dass wir irgendwann wiederkommen werden und mehr Zeit mitbringen. Seinerzeit hatte uns Gert Brömer, bei dem wir wohnten, so viele Highlights gezeigt, wie es kein anderer in der kurzen Zeit hätte tun können. Dafür sind wir ihm noch heute dankbar.
Das Panorama der Stadt hatten wir zudem bei unserem prächtigen Anflug in lebhafter Erinnerung. Wir waren also nicht ganz "unbeleckt", als wir zurück nach Kapstadt kamen. Sozusagen "angeleckt".
Bergheim, das Gästehaus von Walter Black, liegt in Tamboerskloof, einer der bevorzugten City-Wohnlagen Kapstadts, nahezu am Fuße des Tafelberges und damit bestmöglicher Ausgangspunkt für Unternehmungen zu Fuß. Für die Umgebung Kapstadts braucht man allerdings ein Auto, das hatten wir schon in Deutschland für die letzten vier Tage unseres Aufenthalts reservieren lassen. Den ersten Abend verbrachten wir in unserem Zimmer bei einer schönen Flasche Wein im Angesicht des vor uns liegenden angeleuchteten Tafelberges.
An unserem ersten autofreien Tag hat es uns zunächst hinuntergezogen zum Hafenviertel, genauer gesagt zur Victoria & Alfred Waterfront. Dorthin also, wo wir vor zwei Jahren aufgehört hatten. Und es war so, als wären wir erst vor einem Monat dort gewesen - die einzigartige Shopping Mall in den ausgebauten ehemaligen Lagerhallen, das vornehme Table Bay Hotel, die Straßenmusikanten, der herrliche Weinladen und die vielen verschiedenen Restaurants, das gesamte einmalige Flair eines attraktiven Einkaufs- und Vergnügungsviertels. Nach vergnüglicher "Bestandsaufnahme" haben wir dann das aufgesucht, wozu wir seinerzeit eben keine Zeit hatten: das Two Oceans Aquarium. In sehr anschaulicher Weise wird dem Besucher die sehr unterschiedliche Meeresfauna von Atlantischem und Indischem Ozean vor Augen geführt, die aus den gegenläufigen Meereströmungen mit ihren total unterschiedlichen Temperaturen und Lebensbedingungen resultiert. Wir waren begeistert von den vielen exotisch anmutenden bunten Fischen hinter den Glaswänden der verschiedenen großen und kleinen Becken, den Haien und Rochen, die majestätisch über uns hinwegglitten; besonders beeindruckt hat uns die weltweit vielleicht größte Vorstellung verschiedenartigster Muränen. Schließlich waren wir auch noch im IMAX-Kino, dem einzigen in Afrika, und haben uns einen recht beeindruckenden Film über die Serengeti angesehen.
Am folgenden Wandertag wollten wir Kapstadt mehr von oben beschauen. Nicht gleich vom Tafelberg, denn es war Sonntag. Die Masse von Autos an der Talstation der Seilbahn zum Berg hinauf, die wir von unserem Fenster aus sehen konnten, verhieß nichts Gutes. Wir begnügten uns also erstmal mit einer Wanderung zum Signal Hill, den fast bis zum Hafen reichenden Ausläufer des Tafelberg-Massivs. Durch den für die Region typische Fynbos, eine vielfältige Vegetation unterschiedlichster Erika-Gewächse, Proteen und anderer Sträucher, stapften wir auf schmalen Wegen den Hügel hinauf, schauten Drachenfliegern zu und hatten eine wunderbare Aussicht auf den Tafelberg, die City, den Hafen und den auf der Meeresseite des Hügels liegenden noblen Vorort Sea Point. Den Rückweg nahmen wir schließlich über den etwas höheren Lions Head, um die dort zweifellos noch schönere Aussicht zu genießen. Wie alles, hatte auch die ihren Preis, in diesem Fall war's ein Auf- und Abstieg, der schon in die untere Kategorie eines Klettersteiges einzuordnen ist. Aber die Aussicht von diesem solitären Felsen war dafür auch wirklich prächtig.
Klar, dass am folgenden Montag der Tafelberg auch noch nicht dran war. Vielmehr war es die Innenstadt mit ihrem geschäftigen Treiben, denn davon bekommt man nun wieder am Sonntag nicht viel mit. Und so schlenderten wir gemütlich durch den ehemaligen Company's Garden, eine Ansammlung botanischer Raritäten, besuchten die Groote Kerk und die St. George's Cathedral und die alte Sklavenhalterei, die heute das Kulturhistorische Museum beherbergt. Im Castle of Good Hope, der alten Festung aus der Zeit der Holländer, die gleichzeitig das älteste Gebäude Südafrikas ist, sahen wir mit gewisser Belustigung die Mittagsparade der Festungstruppe und schauten uns interessiert die Ausstellungen an. Das Big-Ben-Geläut vom Rathausturm war zwar etwas unstimmig, das ganze Gebäude allerdings schon beeindruckend. Für das Gewusel in der City wäre ein Auto nur hinderlich gewesen, für die folgenden Tage aber brauchten wir eins. Das holten wir uns am späten Nachmittag und fuhren gleich noch zum Signal Hill hinauf, um zum Tagesabschluss noch einen schönen Sonnenuntergang zu erleben. Mit etwas Glück kriegten wir dort oben noch einen Parkplatz und zwischen den mit Picknick-Körben und Champagner angerückten Einheimischen und ihren Gästen auch noch ein ruhiges Plätzchen - zum andächtigen Schauen auf den weiten Ozean mit der untergehenden Sonne und das mit zunehmender Dunkelheit erwachende Lichtermeer von Hafen und Stadt vor der immer dunkler werdenden Kulisse des Tafelberges.
 
Das Weinland
Die klassischen Weinbaugebiete Südafrikas liegen in der unmittelbaren Umgebung Kapstadts, ihr Entstehen reicht in die Zeit zurück, als die Holländer noch das Sagen hatten. Die aus dieser Zeit stammenden alten Weingüter und Städtchen verbreiten ein ganz besonderes Flair. Und die Kulisse der schroffen Berge tut dabei ein Übriges. Stellenbosch als alte Universitätsstadt ist eines der Weinbauzentren und gehört in jedes Programm, natürlich auch in unsere Fahrt entlang der klassischen Weinroute. Vor allem die vielen hübschen Weingüter der Umgebung, von denen sich eine ganze Menge über Besucher freuen, machen das Flair und den Reiz einer solchen Tour aus. Alle zu besuchen, ist an einem Tag schon deshalb nicht möglich, weil die meisten zur Einkehr bzw. Weinprobe einladen. Wir hatten uns für das Weingut Boschendal nordöstlich von Stellenbosch entschieden, das zur Mittagszeit ein außergewöhlich schönes Picknick anbietet, treffender und vornehmer gesagt: ein Pique Nique. Obwohl telefonische Vorbestellung angebracht ist, hat man uns auch ohne eine solche liebevoll einen großen Weidenkorb mit auserlesenen Köstlichkeiten, frischem Baguette-Brot und zwei Flaschen besten eigenen Weins gefüllt. Auf gepflegtem Rasen im Halbschatten mächtiger Kiefern und vor beeindruckender Bergkulisse genossen wir die Ruhe, die Speisen und den Wein. Genuss braucht Zeit - Zeit, die uns im Anschluss fehlte, um die ganze Stellenbosch-Weinroute abzufahren.
Die Constantia-Weingüter gehören direkt zu Kapstadt, sie liegen sozusagen gleich um die Ecke - unweit der Stadtautobahn, die östlich um das Tafelbergmassiv herum zur Kap-Halbinsel führt. Ihr Besuch lässt sich also gut mit anderen Sehenswürdigkeiten verbinden, alle fünf Güter der Constantia Wine Route mitsamt einer Weinverkostung an einem Tag zu absovieren, würde ohnehin kaum gut enden. Zuerst stand also am nächsten Tag der Besuch des Botanischen Gartens Kirstenbosch an, der sich, vor kalten Westwinden geschützt, an die Hänge der südlichen Ausläufer des Tafelberges anlehnt und die Fülle der verschiedenartiger südafrikanischen Vegetation widerspiegelt. Über einen halben Tag haben wir im Garten zugebracht und längst nicht alles gesehen.
Groot Constantia ist das älteste Weingut Südafrikas, nicht weit vom Botanischen Garten entfernt. Im Schutz der Constantia-Berge gedeihen seit über 300 Jahren ausgezeichnete Weine. Das Gut wird von Touristenbussen angefahren, entprechend komerzialisiert läuft vieles ab und der Wein, den wir gekostet haben, war nicht ganz nach unserem Geschmack. Ganz anders das benachbarte Klein Constantia - viel familiärer und mit einem hervorragenden Wein, so dass wir uns gleich die Adresse des deutschen Lieferanten geben ließen. Das abendliche Essen in Mariners Wharf an der Hout Bay auf der anderen, westlichen Seite der Constantia-Berge, war krönender Abschluss dieses Tages - nicht von ungefähr, denn wir waren schon zwei Jahre vorher bei unserem kurzen Kapstadt-Abstecher begeistert von dem Fischrestaurant.
Den Buiten Blanc, einen superben Weißwein vom Gut Buitenverwachting, kannten wir auch schon. Klar, dass wir dieses dritte der Constantia-Weingüter auch besuchten - am nächsten Tag. Und die Weine, die wir dort probierten waren wieder Spitze. Schließlich besuchten wir auch noch das Nachbargut Constantia Uitsig, nicht weniger angetan von der Qualität der Weine.
 
Die Kap-Halbinsel
Eine Fahrt zum "Kap der Guten Hoffnung" ist bei einem Kapstadt-Besuch ein absolutes "Muss" - nach unserer Meinung am besten über den Badeort Muizenberg an der False Bay, weiter an der Küste entlang über Simon's Town (Mineralien, Schmucksteine) und The Boulders (Pinguin-Kolonie) bis zum Eingang des Cape of Good Hope Nature Reserve. Bei dieser Reise - ich gestehe es freimütig - sind wir nicht dort gewesen. Der Grund mag eigenartig erscheinen. Wir haben mehrfach erfahren, dass ein zweiter Besuch an besonders eindrucksvollen Stellen nie so schön war, wie beim ersten Mal (wo es uns beim ersten Mal nicht gefällt, fahren wir sowieso nicht wieder hin). Und das Cape of Good Hope sowie den Cape Point, den südlichsten Punkt der Kap-Halbinsel, hatten wir in so lebhafter, schöner Erinnerung, dass wir etwas Sorge hatten, ein Bild in unserem Kopf zu verwischen. Aber es gab noch einen Grund. Der Chapmans Peak Drive, die phantastische Küstenstraße von Noordhoek nach Haut Bay, ist nach Erdrutschen im Februar 2000 bis auf weiteres gesperrt. Und den sind wir vor zwei Jahren gefahren - eine Traumstraße. Hoffentlich ist soviel Geld da, dass die Straße wieder hergerichtet werden kann. Dann werden wir bestimmt nochmal die Tour um die Kap-Halbinsel machen.
 
Der Tafelberg
Die Seilbahn befördert den eiligen Touristen in fünf Minuten auf den Tafelberg. So eilig hatten wir es nun auch wieder nicht, als wir bald nach dem Frühstück bei klarblauem Himmel unser Auto an der Seilbahnstation parkten und lieber den bedächtigeren Fußweg hinauf auf den Berg wählten. Genauer gesagt, sogar den bedächtigeren von zwei möglichen - den, auf dem man den Berg nach einem ersten steilen Anstieg in etwa fünfhundert Meter Höhe nach Osten traversiert und dabei den Blick hinunter auf die City von Kapstadt in Ruhe genießen kann. Die restlichen 600 Höhenmeter waren dann zwar etwas anstrengender (wir fühlten uns wie in den Dolomiten), aber keinesfalls gefährlich. Nach gut drei Stunden oben auf der Ebene des Tafelberges angekommen, fühlten wir uns sehr wohl und auch ein wenig stolz, dass wir uns den Berg "erarbeitet" hatten. Das Wetter hatte sich stabil gehalten, außer der großen Wasserflasche hatten wir aus unserem Rucksack erfreulicherweise nichts gebraucht. Den herrlichen Überblick über die Kap-Halbinsel von der False Bay bis Haut Bay empfanden wir als persönliche Belohnung für unsere Mühe. Und die Blicke hinunter auf den Lions Head, die V&A Waterfront, die Stadt und die entfernten Berge im Norden und Osten waren nicht nur Blicke auf mittlerweile recht Vertrautes, sondern sie hatten auch schon etwas Sentimentales. Denn unsere schönen Tage in Kapstadt gingen langsam zu Ende.
 
Resümee
Unsere Millenium-Reise nach Südafrika war ein "Zweiteiler". Einerseits und zum größeren Teil war sie eine Rundreise, über 4500 km Fahrt im Wohnmobil, zugegebenermaßen ziemlich viel Fahrtaufwand in weniger als drei Wochen. Aber wie heißt es so schön: "Wer das Eine will, muss das Andere mögen". Für das Erreichen der einzelnen Ziele war's nicht anders möglich und wir möchten keines der Erlebnisse missen. Andererseits hat die abschließende Woche in und um Kapstadt unsere Reise in einer solch angenehmen Weise abgerundet, dass wir insgesamt wiederum von einer Traumreise sprechen können.
Wir haben einen recht guten Gesamteindruck bekommen - nicht über ganz Südafrika, aber in jedem Fall über die Kap-Provinzen, das Kapland.