Marokko
Im Rollenden Hotel durch Nordafrika
Nachdem wir schon vier Tage lang mit einem Mietwagen in Andalusien unterwegs waren und das frühlingshafte Flair von Granada, Cordoba und Ronda genossen haben, gesellen wir uns in auf dem Campingplatz von Marbella zur Gruppe der Reisefreudigen, die mit dem Rotel, dem rollenden Hotel, nach Marokko wollen. Ein Hotel im gewohnten Sinne ist das natürlich nicht, aber es bietet immerhin einen Schlafplatz mit Vollpension. Und es rollt.
Wer Platzangst hat und deshalb beispielsweise nicht in einem winzigen Zelt schlafen kann, für den ist Rotel die falsche Adresse. Wer ein Campingtyp ist und sich in eine Gruppe weitgehend Gleichgesinnter einordnen kann, aber sich allein nicht in ferne Länder traut, für den ist Rotel ideal. Er braucht sich um keine organisatorischen Dinge kümmern, muss lediglich gewillt sein, beim Auf- und Abbau am jeweiligen Standort mit zu helfen. Kurz gesagt: Rotel ist Gruppencamping.
Wir haben Glück, dass unsere Reisegruppe nur zwanzig Leute stark ist und wir einen excellenten Reiseführer haben, der nach seiner Pensionierung vergleichende Religionswissenschaften studiert und schon eine stattliche Zahl von Reisegruppen durch Marokko geführt hat.

12.4. Algeciras - Ceuta - Martil
Am frühen Nachmittag rollt unser kombinierter 20-Sitzer-Allrad-Truck mit seinen 20 Schlafboxen, von denen jede 60x60x210 cm groß ist, im südspanischen Fährhafen Algeciras auf die Fähre nach Ceuta. Die berfahrt über die Meerenge von Gibraltar dauert über eine Stunde. In Ceuta, der spanischen Exklave und alte Festungsstadt an der Nordwestspitze Afrikas, schauen wir uns ein Weilchen um, während Helmut, der Reiseleiter, und Toni, der Fahrer, Proviant einkaufen. Dann kommt der Grenzübergang nach Marokko. Ein Geldschein ist wohl in einem unserer Pässe gelegt worden, die Formalitäten dauern nur eine Dreiviertelstunde, während der wir den "kleinen Grenzverkehr" der ortsansässigen Marokkaner mit ihren großen Warenballen beobachten, die sie hinüber nach Ceuta schleppen.
Von Tetouan zweigt Toni ab zum Badeort Martil, wo wir auf dem noch leeren Campingplatz Quartier beziehen - heißt Rotel aufklappen, Zeltbahn einhängen, Tische und Bänke hervorholen und aufstellen, Tische eindecken und warten, bis Tonis Suppe fertig ist, die er inzwischen in großen Töpfen gekocht hat.

13.4. Tetouan - Chefchaouen - Meknes
Unsere erste Station ist Chefchaouen, es ist Markttag, entsprechend groß ist die Betriebsamkeit und wir stellen uns auf orientalische Verhältnisse und Bedingungen ein - Gedränge, bettelnde Kinder, schlechte Wege und Straßen. Bevor wir weiter fahren, schauen wir uns noch die Kasbah, die altertümliche Burg an.
Unterweg nach Meknes hören wir allerhand Geschichten um Moulay Ismail, den despotischen Herrscher Marokkos am Ende des 17. Jahrhunderts, der mit einem riesigen Heer von Sklaven in Meknes eine gigantische Palastanlage bauen ließ.
In Meknes schauen wir uns gut erhaltene Reste der Speicher und Ställe an, die der grausame Sultan Moulay Ismail für seine 12.000 Pferde bauen ließ. Die riesige Palastanlage ist vor knapp 300 Jahren einem Erdbeben zum Opfer gefallen.
Nach insgesamt 270 km beziehen wir am Nachmittag für drei Nächte den relativ zentral gelegenen Campingplatz von Meknes.

14.4. Voloubilis - Moulay Idris - Meknes
Zuerst fahren wir heute, nachdem alles wieder eingeräumt wurde, in die alste römische Ruinenstadt Voloubilis. In der Vormittagssonne bestaunen wir uralte römische mosaike und versuchen uns vorzustellen, wie es vor 2000 Jahren hier ausgesehen und wie sich das Leben hier abgespielt haben mag.
Gegen Mittag geht es hinüber nach Moulay Idris, der heiligen Stadt des Islam, in der der Enkel der Fatima, der Tochter des Propheten Mohammed, begraben ist.
Idris ibn Abdallah brachte vor über 1.200 Jahren den Islam nach Nordwestafrika und war der eigentliche moslemische Staatengründer Marokkos. In das Heiligtum seiner Grabstätte dürfen wir ungläubigen natürlich nicht hineien, so dass wir uns mit einem Bummel durch die schmalen Gassen begnügen.
Am Nachmittag sind wir zurück in Meknes und haben Zeit, kreuz und quer durch die Medina zu wandern, einigen Handwerkern zuzuschauen und an den Obstständen zu feilschen.

15.4. Meknes - Fes - Meknes
Der ganze Tag gehört der der alten Königsstadt Fes, einer der interessantesten historischen Altstädte der Welt. Etwa ein Fünftel der Bevölkerung der Millionenstadt wohnt in der Altstadt, in der alles so ist, wie es im Mittelalter war. Kein Auto darf in die Medina. Beim Bummel durch die schmalen Straßen sehen wir einer Vielzahl von Handwerkern aller Gewerke zu, die es seit dem Mittelalter hier gibt.
Besonders berührt sind wir vom handwerklichen Betrieb im alten Gerberhof. Wir können die alte Königsmoschee und eine altehrwürdige Medersa (Koranschule) besichtigen. Nach dem offiziellen Rundgang schlendern wir nochmal allein durch die Medina, ehe wir mit dem Bus zurück nach Meknes fahren.

16.4. Meknes - Errachidia - Erfud
Es geht früh los. 400 km in Richtung Süden liegen vor uns. Über die Berge des Mittleren und Hohen Atlas, die Pässe sind über 2.000 Meter hoch. Auf der Nordseite hat uns Dauerregen begleitet, auf der Südseite ist es trocken und warm. In den Flusstälern sehen wir vereinzelte grüne Oasen, ansonsten ist die Vegetation recht karg. Nach dem Mittagessen in einem Restaurant in Errachidia. Danach zieht sich die Straße oberhalb des Flüsschens Ziz dahin, das tief unten im Tal eine über 30 km lange Flussoase geschaffen hat. Mehrere Stopps ermöglichen interessante Fotomotive. Bald kommen wir nach Erfud und zur Ruinenstadt Sidschilmasa, an deren Rand wir bei einem Hotel das Nachtlager aufbauen.

17.4. Rissani - Wüstenausflug - Todra-Schlucht
Um halb vier in der Frühe werden wir geweckt, um vier sitzen wir alle in verchiedenen Landrovern und werden von Beduinen in das größte geschlossene Sanddünenfeld Marokkos südwestlich von Rissani gefahren. Der Sonnenaufgang in der weiten, kalten Wüste ist schon etwas Besonderes. Gegen acht sind wir zurück, rechtzeitig zum Frühstück.
Nun geht es nach Westen zur eigentlichen Straße der Kasbahs. Im Norden sehen wir die schneebedeckten Berge des Hohen Atlas, im Süden schauen wir über eine weite Steinwüste. Gegen Mittag erreichen wir die gewaltige Todra-Schlucht, an deren Eende wir bei einem Hotel für die Nacht stehen bleiben.

18.4. Todra - Quarzazate
Nach Verlassen der Todra-Schlucht mit ihren enorm hohen Steilwänden sind wir bald in Tinghir, Zentrum zweier Flussoasen. Wir sind mitten in der Berberregion. Nachden durch eine dieser Oasen gewandert sind, stoppen wir bei der Weiterfahrt an verschiedenen Kasbahs, besuchen den Markt von Boumalne Dades und kommen nach 200 km Fahrt nach Quarzazate, dem nächsten Tagesziel. Toni muss den Truck mühsam durch den quirligen Wochenmarkt zum Campingplatz steuern.

19.4. Quarzazate - Telouet - Marakesch
In der Stadt Ait Ben Haddou mit ihrer gut erhaltenen historischen Bausubstanz, Kulisse für eine Reihe von Bibelverfilmungen, wollen wir uns eigentlich eine der feudalen Kasbahs anschauen, die der Berberfürst El Glaoui Anfang des 20. Jahrhunderts in der Region bauen ließ - daraus wird nichts, weil hier gerade mal wieder ein Monumentalfilm gedreht wird. Toni fährt uns dafür auf schmaler Serpentintnstraße hinauf in den Hohen Atlas nach Telouet, wo wir die langsam dem Verfall preisgegebene, einst prächtige Kasbah besichtigen, die noch bis 1956 dem Letzten des Glaoui Clan gehörte. Die Weiterfahrt die Straße vom Tischka-Ppass hinunter ist recht abenteuerlich. In Marakesch kommen wir erst in der einbrechenden Dunkelheit an und gerade zurecht, als das tägliche abendliche Treiben der Gaukler zwischen den vielen Garküchen auf dem Djemaa el Fna, dem zentralen Marktplatz, seinen Höhepunkt erreicht hat.

20.4. Marakesch
Unser Campingplatz liegt 15 km außerhalb, wir fahren am Morgen wieder in die Stadt hinein und schauen uns als Erstes die berühmte Koutoubia Moschee an. Mit einem offiziellen Stadtführer gehen wir anschließend kreuz und quer durch die Souks der Medina, der Altstadt von Marakesch, besuchen eine alte apotheke und lassen uns prompt von dem geschäftstüchtigen Apotheker und Heilpraktike ein paar Gewürzmischungen und Wundermittel aufschwatzen. Nach nochmaligem Bummel über den Djemaa el Fna und einem Spaziergang durch die Menara-Gärten sind wir am späten Nachmittag wieder auf dem Campingplatz.

21.4. Marakesch - Essouira - Qualidia
Am frühen Morgen fahren wir nochmals nach Marakesch hinein, um uns die anzusehen. Dann geht es 180 km nach Westen zur alten Hafenstadt Essaouira. Dort besuchen wir die traditionellen Werkstätten der Holzschnitzer und Intarsienmacher, die aus dem Wurzelholz alter Zypressen beeindruckende Gegenstände fertigen. An der Atlantikküste fahren wir dann weiter zu dem alten Piratennest und Sklavenmarkt Safi. Schließlich erreichen wir weiter nördlich den Badeort Qualidia, unseren Standort für die Nacht.

22.4. El Jadida - Casablanca - Salé
El Jadida, einige Kilometer nordwestlich von unserem Übernachtungsort Qualidia, war im 16. Jahrhundert eine portugiesische Festung, bei der wir einen ersten Stopp einlegen. Dann geht es weiter am Meer entlang nach Casablanca, die größte Stadt Marokkos, und dort gleich zu der gewaltigen, prunkvollen Hassan-II.-Moschee, der Hauptsehenswürdigkeit der Stadt. Mit ihrem 210 m hohen Minarett und einem Platzangebot für 25.000 Gläubige ist sie die fünftgrößte Moschee der Welt. Die besichtigung des Inneren der Moschee lassen wir aus, wir setzen uns lieber zu einem Kaffee in das nachempfundene Rick´s Cafe im Hyatt Regency.
Am Nachmittag fahren wir noch nach Rabat und über den Fluss zu dessen Nachbarstadt Salé, wo es für uns einen annehmbaren Campingplatz gibt.

23.4. Rabat - Asilah
Es ist Ostersonntag. Der Vormittag gehört Rabat, der Hauptstadt Marokkos. Im Gegensatz zum bisher Erlebten sind wir beeindruckt von der auffälligen Sauberkeit und vom Glanz dieser vierten Königsstadt des Landes. Nach ausgiebiger Besichtigungstour fahren wir am Nachmittag weiter bis zu einem Campingplatz bei Asilah am Atlantik, unterbrochen durch Stopps in Larache und bei den römischen Ruinen von Lixus.

24.4. Tanger - Ceuta - Marbella
Aufgrund der zeitigen Fährüberfahrt nach Spanien und der Ungewissheit über die Dauer der Grenzkontrolle fahren wir zeitig ab nach Tanger, der ehemals quirligen, anrüchigen Hafenstadt in Sichtweite Europas, wandern dort durch die Altstadt und die Kasbah, stellen aber fest, dass wir nach 2.000 km durch das Land kaum noch aufnahmefähig für Durchschnittliches sind.
An der Grenze nach Ceuta stehen wir nur eine halbe Stunde, haben dann zwar allerhand Zeit, aber wenig Lust für einen nochmaligen Stadtbummel durch die spanische Exklave. Nach der Fährüberfahrt treffen wir am Abend wieder auf dem Campingplatz von Marbella ein.

Am nächsten Tag, dem Dienstag nach Ostern, verabschieden wir uns am Vormittag von der Reisegruppe, fahren mit dem Linienbus zum Aeroporto von Malaga und fliegen mit Crossair über Basel nach Berlin-Tempelhof zurück.